17. April 2016

Herzlichen Glückwunsch, Kopfballungeheuer!

Horst Hrubesch, ein im wahrsten Sinne des Wortes ganz Großer des deutschen Fußballs, feiert am heutigen 17. April seinen 65. Geburtstag. Der kopfballstarke Mittelstürmer hat in seiner langen Spieler- und Trainerkarriere fast alle Titel gewonnen. Er wurde Deutscher Meister, Europapokalsieger der Landesmeister, Europameister, Torschützenkönig und Vize-Weltmeister. Dabei war er in Sachen Profifußball eigentlich ein Spätberufener und auch seine Trainererfolge stellten sich nicht sofort ein.

Zur Saisonpremiere 1975/76 gegen Bayer Uerdingen lief ein Mittelstürmer im rot-weißen Trikot auf, bei dem sich die Fans anfänglich die Frage stellten, ob er überhaupt den Ball stoppen könne. Ein Techniker stellte sich da jedenfalls nicht vor. Beim Probetraining der Nachbarklubs VfL Bochum und Borussia Dortmund war der Lange vom Bezirkligisten Westtünnen durchgefallen. Doch RWE-Mittelfeldmotor Werner Lorant, gleichzeitig Trainer des Vorortvereins von Hamm, empfahl seinen Sturmtank für höhere Aufgaben: „Horst hat eine Chance verdient! Ich glaube, bei seiner Kopfballstärke und seinem harten Schuss kann er sich auch in der Bundesliga behaupten.“

Publikumsliebling, Deutscher Meister, Europapokalsieger, Europameister und Vize-Weltmeister

Und der Nobody zeigte bei seiner Bundesligapremiere direkt wo der Hammer hängt. Zweimal versenkte Horst Hrubesch das Leder im Uerdinger Tor. Das Essener Publikum hatte einen neuen Liebling ausgemacht und forderte zukünftig vehement dessen Einsatz. RWE-Trainer Horvath baute den mit seinen 24 Jahren Bundesliga-Spätberufenden jedoch in Ruhe auf und ließ ihn in seiner ersten Saison nur selten von Beginn an spielen, dafür umso länger neben dem Platz einlaufen. Er wollte aus dem kantigen Dachdecker einen richtigen Fußballer machen.

Das Publikum brodelte förmlich, wenn der wuchtige Mittelstürmer endlich zum Einsatz kam. In seinem Bundesligalehrjahr erzielte Horst Hrubesch 18 Tore in gerade einmal 20 Spielen, die meisten mit dem Kopf. Zusammen mit Willi Lippens und Manfred Burgsmüller verfügte RWE über ein Sturmtrio, dass in der Liga keinen Vergleich scheuen musste. Mit dem 8.Platz erreichten die Essener in dieser Saison ihre beste Bundesligaplatzierung und verpassten nur knapp den Einzug in den UEFA-Cup. „Hrubesch wird der erste Spieler sein, der einen Elfmeter mit dem Kopf versenken kann“, hieß es damals. In der Saison 1976/77 fiel der neue Leistungsträger verletzungsbedingt lange Zeit aus, kam dennoch auf 20 Tore, die den Abstieg der Rot-Weissen aber nicht verhindern konnten. Ein weiteres Jahr später stellte er in der 2.Bundesliga Nord mit 41 Saisontoren in 35 Spielen einen bis heute unerreichten Zweitligarekord auf. Nach dem verpassten Bundesligaaufstieg 1978 verabschiedeten die rot-weißen Fans ihren Sturmtank nach Hamburg. Aus dem rohen Klotz war einer der besten Mittelstürmer Deutschlands geworden, der Angebote aus der halben Bundesliga und dem Ausland hatte. Für Rot-Weiss Essen erzielte Horst Hrubesch in 93 Pflichtspielen insgesamt 84 Tore. Beim Hamburger SV gelang ihm der internationale Durchbruch. Dreimal wurde er mit den Hanseaten Deutscher Meister (1979, 1982 und 1983), nahm als deren Kapitän 1983 den Europapokal der Landesmeister in Empfang und wurde 1982 mit 27 Treffern Torschützenkönig der Bundesliga. Längst war Horst Hrubesch zum Nationalspieler gereift und machte die Bundesrepublik 1980 mit seinen beiden Treffern im Endspiel gegen Belgien (2:1) zum Europameister – das erste Tor mit dem Fuß, das zweite mit dem Kopf.

Seine Treffsicherheit stellte er auch im WM-Halbfinale 1982 gegen Frankreich unter Beweis. Hier verwandelte er den entscheidenden Elfmeter und sicherte der deutschen Mannschaft den Einzug ins Finale.

Trainerkarriere

Seine zweite Karriere als Trainer verlief zunächst weniger erfolgreich. Den Einstieg ins Trainergeschäft machte Horst Hrubesch in der 2.Ligasaison 1986/87 an der Essener Hafenstraße. Trotz neun siegloser Siele zu Beginn reichte es am Ende zum 10. Tabellenplatz. In der folgenden Spielzeit hatte die rot-weiße Führungsetage weniger Geduld und feuerte den einstigen Publikumsliebling noch in der Hinrunde. Und auch in Österreich, wo er zunächst als Assistent von Ernst Happel arbeitete, dauerten seine Engagements als Cheftrainer ebenso wie in Dresden nur wenige Wochen. Für den DFB wurde er Trainer der A2-Mannschaft, die mit dem Ziel ins Leben gerufen wurde, für Deutschlands A1-Auswahl Spieler ans internationale Geschäft heranzuführen. Sechsmal ging die A2 unter seiner Regie bis zur EM 2000 aufs Feld, sechsmal gab es keinen Sieg. Den Tiefpunkt seiner Trainerlaufbahn erlebte er in seiner sechswöchigen Amtszeit als Assistent von Erich Ribbeck während der Europameisterschaft 2000.

„Horst kommt“

Sein Durchbruch als Trainer gelang ihm dann in der Nachwuchsarbeit des DFB, mit dessen Teams er auch seine größten Trainererfolge feierte. Hrubesch gewann mit der deutschen U-19-Nationalmannschaft am 26. Juli 2008 bei der U-19-Fußball-Europameisterschaft den EM-Titel durch ein 3:1 im Finale gegen Italien. Im Anschluss wurde die U-19-Mannschaft zur U-20-Nationalmannschaft, welche Hrubesch weiterhin betreute und mit der er bei der U-20-WM im Herbst 2009 erst im Viertelfinale an Brasilien scheiterte.

Sechs Weltmeister-Spieler von 2014 gingen durch seine Schule: Manuel Neuer, Jérôme Boateng, Benedikt Höwedes, Mats Hummels, Sami Khedira und Mesut Özil. Als Interimstrainer betreute er sie in der U-21-Nationalmannschaft, die 2009 nach einem 4:0-Finalsieg über England Europameister wurde. Im gleichen Jahr 2009 erhielt Hrubesch auch den erstmals vergebenen Trainerpreis des Deutschen Fußballbundes.

Nach einem Engagement als Trainer der U-18-Junioren des DFB ist Hrubesch seit dem 21. Juni 2013 erneut Trainer der U-21-Nationalmannschaft. Im neuen Stadion Essen ist Horst Hrubesch schon zweimal mit diesem Team zu Gast gewesen

Am 14. Oktober 2014 qualifizierte sich an der Hafenstraße die deutsche U21-Nationalmannschaft für die Europameisterschaft 2015 in Tschechien. Die DFB-Auswahl setzte sich im Playoff-Rückspiel gegen die Ukraine mit 2:0 (0:0) durch.

„Horst kommt“ kündigten die Plakate in Essen mit seinem Konterfei den Heimkehrer an. Und seine Verbundenheit zeigte sich auch im Interview: "Neben der HSV-Raute trage ich nach wie vor ein RWE-Emblem im Herzen, denn diesem Verein habe ich unglaublich viel zu verdanken", sagt Horst Hrubesch heute. Ich habe diesem Verein sehr viel zu verdanken. Was wäre ich heute ohne Rot-Weiss?“

Folgerichtig legte der DFB auch den Start der Qualifikation für die EM 2017 in Polen für die U 21-Nationalmannschaft am 9. Oktober 2015 mit der Partie gegen Finnland (4:0) ins Stadion Essen.

Text: Georg Schrepper