16. Dezember 2022

Emotionale Spiele, wilde Aufstiegssause und packende Drittliga-Monate

Die 07 Partien des Hafenstraßen-Jahres 2022.

Die Hafenstraße war 2022 wieder Heimat für Emotionen, Stimmung und Leidenschaft.
12 emotionale Hafenstraßen-Monate liegen hinter dem RWE-Team und seinen treuen Anhängern. (Foto: Behrendt / Fotojob Philipp)

Mit dem Test gegen den SC Paderborn am Samstag, 13.00 Uhr, endet das Heimspieljahr 2022! Hinter Rot-Weiss Essen liegen emotionale Spiele, eine wilde Aufstiegssause und packende Drittliga-Monate. Die Zusammenstellung „07 Hafenstraßen-Partien 2022“ kürt ganz besondere Heimspiel-Tage.

01 – 2:1-Sieg gegen den Wuppertaler Sportverein (23. Januar)

Eigentlich hätte der Hafenstraßen-Pflichtspielauftakt des Jahres 2022 ein emotionales Fußballfest werden sollen. Mit dem Wuppertaler Sportverein war ein packender Gegner bestellt, der obendrein in der Winterpause als einer der ärgsten Aufstiegs-Konkurrenten von Rot-Weiss Essen gehandelt wurde. Nach 21 Spieltagen lag der WSV mit einem Spiel mehr auf der Haben-Seite nur einen Zähler hinter der Hafenstraßen-Truppe. Doch Corona machte der Party einen Strich durch die Rechnung: nur 750 Zuschauer erlaubt! Retrospektiv betrachtet blieb das der einzige Wermutstropfen auf dem Heimspiel.

Emotionale Spiele, wilde Aufstiegssause und packende Drittliga-Monate – Rot-Weiss Essen
Eigenartige Derby-Kulisse: Gegen den WSV durften nicht mehr als 750 Fans an die Hafenstraße kommen. (Foto: Hüßen)

Mit der Aufstiegsvision fest vor Augen, legten die Rot-Weissen los wie die Feuerwehr! Plechaty, Harenbrock, Young – 1:0! Der US-Amerikaner umkurvt Keeper Sebastian Patzler und bringt RWE in Führung (6.). Und nur sechs Minuten später ist es Felix Bastians, der abermals jubeln darf. Da reicht auch Marco Königs‘ Anschluss nicht mehr (44.). Nach einer Kopf-an-Kopf-Schlussphase ist klar: Essen behält den Dreier an der Hafenstraße und zieht dem WSV davon.

Entsprechend hart gefrustet und ernüchtert ist das Fazit von Wuppertal-Coach Björn Mehnert: „Es war ein emotionales, aber kein hochklassiges Regionalliga-Spiel.“ Viel euphorischer war da sein Gegenüber Christian Neidhart: „Beim Anschluss hätte es auch 3:0 oder 4:0 stehen können. Dieser Sieg tut richtig gut. Ich hoffe, dass die Jungs viel davon mitnehmen!“ – und das sollten sie.

Emotionale Spiele, wilde Aufstiegssause und packende Drittliga-Monate – Rot-Weiss Essen
Brachte RWE auf die Siegerstraße: Felix Bastians (2. v. l.). (Foto: Höft)

02 – 4:1-Erfolg gegen Fortuna Düsseldorfs U23 (06. Februar)

„Da kann man doch nicht spielen“, monierte der eine oder andere Spieler bei der Platzbegehung am 06. Februar 2022. „Guck mal da drüben!“ Die Rot-Weissen zeigen auf den überschwemmten Elfmeter-Punkt vor der WAZ-Westkurve. Tagelanger Regen hatte die Hafenstraße heimgesucht und das heilige Grün weichgespült. So machten sich die Gerüchte breit, Schiedsrichter Nikolas Dardenne könnte diesen 24. Spieltag gegen die Jung-Fortunen gar nicht erst anpfeifen. Doch nix da! Der West-Regionalliga-Referee hatte nichts gegen eine Schlammschlacht.

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Mistwetter! An Jakob Golz hat das Aufwärmen gegen Düsseldorf sichtlich Spuren hinterlassen. (Foto: Hüßen)

Und so brachte Felix Bastians RWE mit seinem dritten Saisontor per Dropkick in Führung (35.). Als Stürmer Marcel Mansfeld den Düsseldorfer Ausgleich erzielte (63.) und Luca Dürholtz auf dem rutschigen Grün Minuten später in der zweiten Halbzeit mit Gelb-Rot vom Platz gehen musste (66.), machte sich Skepsis an der Hafenstraße breit. Doch Felix Herzenbruch wusste die Zweifel zu beseitigen. Nach 73 Zeigerumdrehungen bescherte die Abwehrkante mit einem wuchtigen Kopfball die abermalige Führung.

Den erinnerungswürdigsten Moment des Spiels bescherte dann aber Isaiah Young (88.). Auf dem seichten Grund marschierte der US-Amerikaner quer über das ganze Feld, um drei Mann abzuhängen und schließlich in die rechte untere Ecke zu vollenden. Dieser Treffer brachte Young später schließlich die Auszeichnung „Tor des Monats“ der ARD Sportschau ein.

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Bild für die Götter: Isaiah Young zieht seinen Gegenspielern davon und erzielt jeden Moment das „Tor des Monats“. (Foto: Behrendt / Fotojob Philipp)

Als krönender Abschluss der Schlammschlacht feierte dann auch noch der zwei Wochen zuvor verpflichtete Thomas Eisfeld in seinem ersten rot-weissen Spiel Tor-Premiere (90.). Entsprechend positiv fiel das Resümee des ehemaligen England-Legionärs und Zweitliga-Spielers aus: „Das war ein Traum-Einstand, den ich mir so nicht hätte träumen lassen! Es ist Wahnsinn, wie wir nach der roten Karte zurückgekommen sind.“

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Alles, aber kein Strafraum mehr: Nach 90 Minuten Rot-Weiss gegen Düsseldorf musste der Fünfmeter-Raum getauscht werden. (Foto: Endberg)

03 – 2:0-Sieg gegen die FC Köln U21 (01. April)

Und auch der 3. Hafenstraßen-Moment in dieser Zusammenstellung ist von schlechtem Wetter geprägt. Fast kam der Blick gen Himmel an diesem Monatsersten wie ein schlechter Aprilscherz vor. Schneeregen, kombiniert mit satten Windböen brachten eine eklig-nasse Stimmung ins Stadion an der Hafenstraße. Für mehr als 10.000 Zuschauer tat das dem Fußballbesuch jedoch kein Abbruch – und das sollte lohnen!

In einem sich zuspitzendem Têtê-á-Têtê mit Preußen Münster musste ein Sieg her. Lange blieb die Partie gegen die Jung-Geißböcke, zu denen dieser Tage auch der heutige Rot-Weisse Meiko Sponsel gehörte, offen. Um genau zu sein 85 Zeigerumdrehungen mussten RWE-Fans auf den ersten Treffer warten. Nach einem hohen Ball war es dann Simon Engelmann, der das abgefälschte Leder zu seinem 19. Saisontor in den Maschen unterbrachte. Wichtig! Und so kannte die Stimmung kein Halten mehr als Marius Kleinsorge in der Nachspielzeit, mit dem 2:0 die Entscheidung besorgte.

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Sandro Plechaty (r.) bejubelt mit seinem Team (und Fotografen) den 2:0-Siegtreffer. (Foto: Endberg)

Nach dem Spiel war Christian Neidhart außer sich vor Freude: „Das war purer Wille! Da geht das Fußballerherz auf!“

04 – 4:0 SV Lippstadt (19. April)

Ernüchterte Stimmung machte sich Mitte April an der Hafenstraße breit. Nachdem monatelang die Tabellenführung so souverän behauptet wurde, verloren die rot-weissen Mannen diese durch drei aufeinanderfolgende Remis (jeweils 1:1 in Oberhausen und Aachen sowie gegen M’Gladbachs U23). Da mutete der Nachhol-Spieltag gegen den SV Lippstadt am 19. April doch fast schon wie ein Endspiel an. Neidhart vor dem Match: „Wir müssen die Nerven bewahren, dürfen uns – bei aller berechtigter Kritik – nicht selbst zerfleischen. Am Ende wird es eine Kopfsache sein.“

Kurzum: zum Siegen verdammt! Da passte es gut in den Kram, dass Goalgetter Simon Engelmann nach 22 Minuten per Kopf nach Young-Vorlage einen wahren Torreigen eröffnete. Mit einem kuriosen Volley aus spitzem Winkel nach Tarnat-Freistoß stellte Eisfeld Gian-Luca Reck kurz darauf vor eine Herausforderung, die der Lippstadt-Keeper nicht meisterte. Reck faustete sich die Kugel ins eigene Netz (41.). Wie wichtig für Rot-Weiss! Und mindestens genauso wichtig war der Treffer von Eisfeld nach 58 Minuten. Vorausgegangen war der Vorentscheidung ein sehenswertes Solo von Kaiserslautern-Leihgabe Marius Kleinsorge. Den Schlusspunkt auf die Partie setzte schließlich Herzenbruch mit einem Aufticker-Kopfball in der Nachspielzeit.

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Endlich läuft’s wieder! RWE besiegt bediente Lippstädter im April 4:0. (Foto: Endberg)

„Das war das Spiel, was wir uns vorgestellt haben“, so das selbstzufriedene Eisfeld-Fazit.

05 – 2:0-Sieg gegen RW Ahlen (14. Mai)

Eigentlich benötigt dieser Moment – nein, diese Momente – einen eigenen Text. Am 14. Mai 2022 schafft es Rot-Weiss Essen endlich! Nach 14 langen und bitteren Jahren ohne Profifußball steigt die Hafenstraßen-Elf in die 3. Liga auf. Beim Abpfiff kennt die Freude keine Grenzen mehr. Binnen Sekunden tauchen Zuschauer von allen Tribünen das Grün in eine rot-weisse Masse. Irgendwo dazwischen feiern die RWE-Profis, die Stück für Stück und Minute für Minute Richtung Kabine wandern, um sich auf die ersten eins, zwei oder drei Kaltgetränke wieder zusammenzufinden.

Emotionale Spiele, wilde Aufstiegssause und packende Drittliga-Monate – Rot-Weiss Essen
Torauftakt des Aufstiegsspiels: Cedric Harenbrock bringt RWE gegen RW Ahlen in Führung. (Foto: Endberg)

Im engen Verfolgerrennen mit Preußen Münster entschied schlussendlich die Tordifferenz. Obwohl der Konkurrent 2:1 gegen den 1. FC Köln gewann, machten die Kopfball-Tore von Cedric Harenbrock (28.) und Simon Engelmann (60.) RWE zum West-Regionalliga-Meister. Geschafft! Verdient ließen sich die Rot-Weissen dafür von einer riesigen Menge feiern.

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Es ist vollbracht! Nach 14 Jahren Profifußball-Durststrecke steigt RWE in die 3. Liga auf. (Foto: Endberg)

06 – 1:0-Sieg gegen den 1. FC Saarbrücken (19. September)

Es war ein mauer Start in die Drittliga-Saison 2022/23 für Rot-Weiss Essen. Christoph Dabrowski und sein Team schafften es in den ersten acht Saisonspielen zu vier Niederlagen, drei Remis und nur einem Erfolg. Trotz Besserung mit dem September mutete die Aufgabe „1. FC Saarbrücken“ mindestens als besonders herausfordernd an. Mit einem 0:1 beim VfL Osnabrück im Rücken erwartete der Hafenstraßen-Cheftrainer mit dem Aufstiegskandidaten eine „sehr stabile und vor allem körperlich robuste Mannschaft.“

Und genau die trat am Montagabend, den 19. September, auch auf dem Essener Rasen auf. Unter Flutlicht stellte das von Uwe Koschinat trainierte Team die RWE-Mannschaft vor ein wahres Rätsel, dessen Lösung an diesem Tag Felix Götze sein sollte. Die Leihgabe von Bundesligist FC Augsburg schloss nach 37 Zeigerumdrehungen aus einer Umschaltsituation heraus von der Strafraumgrenze zum 1:0 ab.

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Felix Götze (r.) bejubelt mit Oguzahn Kefkir (l.) sein wichtiges Tor gegen den 1. FC Saarbrücken. (Foto: Endberg)

So brachte RWE die Führung nicht nur mit in die Kabine, sondern auch über die volle Zeit. Maßgeblichen Anteil daran hatte Keeper Jakob Golz, der einen Kopfball von Sebastian Jacob mit einer Glanzparade abwehrte. Nachdem José-Enrique Rios Alonso und Bastians kurz vor der Torlinie klärten, köpfte FCS-Torhüter Daniel Batz knapp am Kasten vorbei. Na so ein Kuriosum hätte gerade noch gefehlt!

So wundert Dabrowskis Fazit nach dem zweiten Sieg der Spielzeit 2022/23 nicht: „Ich bin stolz auf meine Mannschaft! Wir sind sehr organisiert und leidenschaftlich aufgetreten!“ Der Saarbrücken-Dreier sollte eine starke Serie einleiten, in der man in acht Spielen dreimal gewann, viermal Unentschieden spielte und nur noch einmal verlor. So sollte sich Essen bis zur Winterpause bis auf den 13. Tabellenplatz vor-robben.

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Alles, aber kein einfacher Gegner: Der 1. FC Saarbrücken um Routinier Mike Frantz. (Foto: Höft)

07  – 1:1-Remis Dynamo Dresden (15. Oktober)

Schon die RWE-Saison-Rekordkulisse von 18.300 Zuschauern verpasst dem Aufeinandertreffen mit Zweitliga-Absteiger Dynamo Dresden einen Platz in der „07 des Hafenstraßen-Jahres“. Auch wenn Chef-Trainer Christoph Dabrowski vor dem herausfordernden Gegner warnte („Wir treffen auf ein sehr gut besetztes und hochambitioniertes Team“), war die Brust vor dem Kräftemessen mit den Sachsen mit einem 3:0-Sieg über Top-Verein SC Freiburg im Nacken entsprechend breit: „Wir haben gezeigt, dass wir auch gegen Top-Mannschaften der Liga bestehen und sie sogar besiegen können!“

Und beinahe gelang dieses Kunststück überraschend auch gegen Dynamo. Doch der Reihe nach! In einer kuriosen Szene schoss Dresden-Keeper Stefan Drljaca nach 23 Zeigerumdrehungen Young an, von dessen Hüfte das Leder in die Maschen rollte und das Hafenstraßen-Publikum zum Ausrasten brachte. Zu diesem Zeitpunkt absolut verdient! Gar hatte der US-Amerikaner in Minute 47 die Chance auf 2:0 zu stellen, ehe dann jedoch Andreas Wiegel mit einer roten Karte des Feldes verwiesen wurde. Was war geschehen?

Emotionale Spiele, wilde Aufstiegssause und packende Drittliga-Monate – Rot-Weiss Essen
Hartes Kopf-an-Kopf-Rennen: Die Dyanmo-Offensive um Stefan Kutschke (l.) stellte RWE und Mannschaftskapitän Heber vor eine gehörige Aufgabe. (Foto: Endberg)

In einem Zweikampf zwischen Meier und dem RWE-Routinier hatte sich Wiegel losgerissen. Schiedsrichter Tom Bauer aus Mainz erkannte darin ein Nachtreten und Schlagen und brachte Essen so in Unterzahl. Unverständlich für Wiegel, der nach der Partie monierte: „Ich will mich losreißen, wenn ich ihn treffe, dann ist keine Absicht dabei. Wenn du in so einem Spiel eine rote Karte gibst, dann musst du dir hundertprozentig sicher sein.“

Emotionale Spiele, wilde Aufstiegssause und packende Drittliga-Monate – Rot-Weiss Essen
Eine rote Karte für Andreas Wiegel (mi.) stellte den Spielverlauf auf den Kopf. (Foto: Höft)

Lange hielt RWE den drückenden Dresdnern stand, ehe ein Kopfball von Schäffler nach 89 Minuten dann doch den Weg ins rot-weisse Tor fand. „Gerade fühlt sich das nicht gut an. Aber jeder Punkt ist wichtig für den Weg, den wir eingeschlagen haben“, resümierte Chef-Trainer Christoph Dabrowski nach der Partie. Mit etwas Abstand lässt es sich wohl auch heute für Rot-Weisse mit einem Zähler gegen solch eine Top-Mannschaft noch gut leben!

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