4. August 2017

„Dann kommen die Punkte automatisch“

RWE-Chef-Trainer Sven Demandt vor dem Derby gegen Wuppertaler SV.

Eine attraktivere Heimpremiere hätte sich Rot-Weiss Essen kaum wünschen können. Gegen den Wuppertaler SV steigt im ersten Saisonspiel vor eigenem Publikum an der Hafenstraße gleich ein Derby vor großer Kulisse. Mit dem 2:2 zum Auftakt beim aktuellen Vizemeister Borussia Dortmund U 23 hat die Mannschaft von RWE-Chef-Trainer Sven Demandt auf jeden Fall beste Eigenwerbung betrieben, war nur hauchdünn am ersten Dreier vorbeigeschrammt. An die gezeigte Leistung wollen Benny Baier und Co. anknüpfen. Vor dem Duell mit dem WSV nimmt Sven Demandt im ausführlichen Interview Stellung.

Hallo Sven! Beim Auftakt in Dortmund sprang trotz starker Leistung lediglich ein Unentschieden heraus. Das war auch während der letzten Saison einige Male passiert. Fühlst Du Dich daran erinnert?

Gar nicht, denn das Gefühl war diesmal ganz anders. Es war zwar schade, dass wir uns für ein richtig gutes Spiel nicht mit dem verdienten Sieg belohnt haben. Der Auftritt hat aber absolut gestimmt. Es war alles andere als ein typisches Auftaktspiel, beide Mannschaften waren schon sehr weit. Klar ist für mich: Wenn wir die gezeigte Leistung so oft wie möglich auf den Platz bringen, dann kommen die Punkte automatisch.

Mit Robin Urban und Kai Pröger gehörten nur zwei Neuzugänge zur Startformation. Ist das ein Zeichen dafür, dass Du auf die eingespielte Formation der Vorsaison setzt?

Klares Ja! Wir waren ja nicht unzufrieden mit den Leistungen in der letzten Saison, speziell in der Rückrunde. Deshalb haben wir bewusst nur an einigen Stellschrauben gedreht. Auf der rechten Offensivposition sowie in der Innenverteidigung haben wir Schwachpunkte gesehen und entsprechend reagiert. Das hat in Dortmund schon gut gepasst. Für mich als Trainer ist aber besonders wichtig, dass wir auch insgesamt gut aufgestellt sind. Obwohl mit Kamil Bednarski und Daniel Engelbrecht zwei eigentlich fest eingeplante Angreifer aktuell nicht zur Verfügung stehen, hatten wir auf der Bank noch einige Alternativen zum Nachlegen. Das war während der letzten Rückserie nur selten oder fast gar nicht der Fall.

Gehen wir die Neuzugänge einmal durch: Wie zufrieden warst Du mit der Leistung von Robin Urban?

Er hat aus meiner Sicht ein gutes Spiel abgeliefert, war sehr präsent in den Zweikämpfen. In der Szene, die zum Foulelfmeter für Dortmund führte, hat er nicht die richtige Entscheidung getroffen. Allerdings hätten wir das auch vorher schon besser lösen können. Insgesamt haben wir gut verteidigt. Eigentlich gab das Spiel keine zwei BVB-Treffer her.

Kai Pröger wurde mit Lobeshymnen überhäuft. Stimmst Du mit ein?

Wir alle sollten da etwas vorsichtig sein, den Jungen nicht mit Erwartungen überfrachten. Fest steht, dass er sehr viel von dem auf den Platz gebracht hat, was wir von ihm sehen wollen und was uns bislang vor allem auf der rechten Offensivposition gefehlt hatte. Kai bringt viel Qualität mit, kann Tore vorbereiten, aber auch selbst erzielen. Wir hätten alle nichts dagegen, wenn er so weitermacht wie in Dortmund.

Er war der erste Neuzugang, der verpflichtet wurde. Wie war es dazu gekommen?

Ich kannte Kai schon länger, wollte ihn damals schon mal von Oldenburg nach Gladbach holen. Seitdem hatte ich ihn im Auge. Während der letzten Saison war ich auch noch einmal in Berlin, um ihn bei einem Spiel mit dem BFC Dynamo zu beobachten. Wir waren uns danach schon ziemlich sicher, dass er uns weiterhelfen wird. Das hat sich bestätigt.

Im letzten Test vor dem Saisonstart stand mit dem erst 19-jährigen Mittelfeldspieler Cedric Harenbrock noch ein dritter Neuer in der Anfangsformation, kam dann aber in Dortmund nicht zum Einsatz. Warum nicht?

Zum einen hatte Cedric gegen Steinbach nicht sein bestes Spiel abgeliefert. Vor allem aber wollte ich mit der Hereinnahme von Tolga Cokkosan für zusätzliche Stabilität sorgen. Schließlich haben Tolga und Kevin Grund auf der linken Seite schon häufig zusammengespielt. Das hat auch gut funktioniert. Insgesamt hat Cedric als bisheriger U19-Spieler aber eine gute Vorbereitung absolviert und ist bereits eine echte Option. Gleiches gilt auch für Hervenogi Unzola, der etwas später zu uns gekommen war und schon einige gute Leistungen gezeigt hat. Die Kontinuität hat diesmal für Tolga und Kevin gesprochen. Das ist aber jetzt keineswegs in Stein gemeißelt. Jeder muss sich jede Woche neu anbieten.

Im Tor bekam Robin Heller den Vorzug vor dem Ex-Duisburger Marcel Lenz. Was hat den Ausschlag gegeben?

Ein Journalist hat das Duell der Torhüter kürzlich mit einem Zweikampf beim Boxen beschrieben. Da muss der Herausforderer auch besser sein als der Titelverteidiger, um ihm den Gürtel abzunehmen. Ein Unentschieden reicht nicht aus. Das trifft es ganz gut. Beide sind sehr gute Torhüter, waren auch während der Vorbereitung gleichauf. Deshalb sprach letztlich die Konstanz in der Rückserie mit nur 15 Gegentoren in 17 Spielen für Robin. Es gab einfach keinen gravierenden Grund, um eine Änderung vorzunehmen.

Du hattest es bereits angedeutet: Daniel Engelbrecht, der als Hoffnungsträger für den Angriff geholt wurde, steht auf unbestimmte Zeit nicht zur Verfügung. Wie sehr hat diese Situation die Mannschaft belastet?

Obwohl Daniel noch nicht lange bei uns ist, hat er bereits eine sehr hohe Akzeptanz innerhalb der Mannschaft. Das hat ja auch die Aktion von Benny Baier und Marcel Platzek nach dem 2:2 in Dortmund gezeigt, als sie Daniels Trikot gezeigt haben. Er war ja selbst im Stadion und auch noch in der Kabine. Was seine Genesung betrifft, geben wir ihm alle Zeit der Welt. Wichtig ist allein, dass er richtig gesund wird und in der Zukunft möglichst ohne Einschränkungen leben kann. Alles andere ist Nebensache.

Durch den Ausfall von Daniel war RWE gezwungen, noch einmal auf dem Transfermarkt zu reagieren. Mit David Jansen kam ein erfahrener Stürmer, der in Dortmund erstmals eingewechselt wurde. Was erwartest Du von ihm?

Es war klar, dass wir personell noch einmal etwas machen mussten. Wir haben aber bewusst lange gewartet, um die bestmögliche Lösung zu finden. Dass David dann plötzlich auf den Markt kam, hatte auch mit glücklichen Umständen zu tun. Er ist definitiv eine Verstärkung für uns.

Heißt es künftig im RWE-Angriff Platzek oder Jansen? Oder ist auch ein Zusammenspiel möglich?

Wer mich kennt, der weiß, dass ich auch gerne im 4-4-2-System, also mit zwei echten Spitzen, spielen lasse. Wir haben uns deshalb auch nach einem Stürmer umgesehen, der gut zu Platzo passt. Auf jeden Fall sind wir jetzt wesentlich flexibler.

Seit Deinem Amtsantritt vor nicht einmal 16 Monaten steht am Sonntag bereits das fünfte Duell mit dem Wuppertaler SV auf dem Programm. Bisher war die Ausbeute mit drei Siegen und einem Remis ausgezeichnet. Wie schätzt Du den Gegner diesmal ein?

Ich habe den WSV beim 1:1 gegen den Bonner SC beobachtet. Im Gegensatz zu unserem Spiel in Dortmund war es eher ein typisches Auftaktspiel, in dem noch nicht alles rund lief. Dafür spricht auch, dass der WSV kurz vor Schluss noch den Sieg aus der Hand gegeben hatte. Dennoch steckt einige Qualität in der Mannschaft. Als beispielsweise Raphael Steinmetz und Christopher Kramer eingewechselt wurden, kam viel frischer Wind. Grundsätzlich hat der WSV schon in der letzten Saison als Aufsteiger lange Zeit eine sehr gute Rolle gespielt und ist ganz sicher nicht zu verachten.

Was erwartest Du von der Partie?

Es ist ein Derby, also kein normales Regionalligaspiel. Es wird mit Sicherheit emotional und intensiv zugehen. Darauf sind wir vorbereitet.

Und der Anspruch lautet, die drei Punkte an der Hafenstraße zu behalten?

Das sollte immer unser Anspruch sein, unabhängig vom Gegner.