9. August 2019

„Alle ziehen an einem Strang“

Chef-Trainer Christian Titz vor dem Heimspiel gegen U 21 des 1. FC Köln.

Zwei Spiele, zwei Siege! Mit den beiden Auftakterfolgen gegen die U 23 von Borussia Dortmund und beim Aufsteiger VfB Homberg (jeweils 2:1) ist der Saisonstart für Rot-Weiss Essen in der Regionalliga West geglückt. "Das ist vor allem gut für das Selbstvertrauen", sagt der neue RWE-Trainer Christian Titz, dem aber auch die Defizite der ersten beiden Auftritte in der Spielzeit 2019/2020 nicht verborgen geblieben sind. Im zweiten Heimspiel stellt sich jetzt mit der U 21 des 1. FC Köln ein Gegner im Stadion Essen an der Hafenstraße vor, der ebenfalls optimal gestartet ist. Vor dem Duell mit den Domstädtern nimmt Christian Titz im Interview mit der „kurzen fuffzehn“ ausführlich Stellung.

Hallo Christian! Der Saisonstart ist mit zwei Siegen aus den ersten beiden Partien geglückt. Wie fällt Dein erstes Fazit aus?
Zunächst einmal bin ich froh über die sechs Punkte. Siege sind immer gut für das Selbstvertrauen und den Glauben an die eigenen Stärken. Grundsätzlich waren es zwei schwere Spiele, die wir unter dem Strich aber verdient gewonnen haben. Dabei hat man auch gesehen, dass wir schon einiges an fußballerischer Qualität auf den Platz bringen können.

Was läuft schon gut und wo gibt es noch Luft nach oben?
Verbesserungsbedarf gibt es in allen Bereichen, das ist bei einem neuformierten Team aber auch nicht ungewöhnlich. Im Gegenteil! Wir befinden uns in einem Prozess, der noch lange nicht abgeschlossen ist. Dennoch können wir schon viel Positives aus den ersten beiden Partien mitnehmen. Wir hatten nicht nur zuletzt gegen den VfB Homberg, sondern auch schon gegen die U 23 von Borussia Dortmund mehr Ballbesitz als der Gegner und ein klares Chancenplus. Die Mannschaft zeigt eine hohe Lernbereitschaft und einen enormen Willen. Besonders gut gefällt mir aber, dass der gesamte Verein – und da meine ich auch Vorstand, Aufsichtsrat, Sportdirektor, Mitarbeiter, Partner und Fans – an einem Strang ziehen. Das ist eine wichtige Voraussetzung für sportlichen Erfolg.

Im Vergleich zum BVB-Spiel hattest Du für die Partie beim VfB Homberg lediglich eine Umstellung vorgenommen. Ayodele Adetula begann für Joshua Endres auf dem rechten Flügel. Wie hat er seine Sache gemacht?
Eines vorweg: Dass Joshua diesmal nicht von Beginn an dabei war, hatte nichts damit zu tun, dass er gegen Dortmund nicht gut gespielt hatte. Wir waren nur der Meinung, dass Ayodele in diesem Spiel besser zum Gegner und zur taktischen Ausrichtung passte. Das wird immer mal wieder vorkommen, dafür haben wir einen breiten Kader. Zu Beginn hat man ihm ein wenig die Nervosität angemerkt. Unter dem Strich war es aber sehr ordentlich.

Stichwort "breiter Kader": In beiden Auftaktspielen konnten die eingewechselten Spieler noch einiges bewegen!
Das stimmt und das ist auch ein wichtiges Ziel für uns: Wir wollen Spiele von der Bank aus entscheiden. Gegen den BVB hatten etwa Jan-Lucas Dorow und Hedon Selishta nach ihren Einwechslungen entscheidenden Anteil daran, dass uns noch der Siegtreffer gelungen ist. Gegen Homberg war Florian Bichler sofort voll im Spiel und hat das zweite Tor von Oguzhan Kefkir herausragend vorbereitet. Das waren ganz wichtige Faktoren für uns.

In beiden Spielen hast Du von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, vier Spieler einzuwechseln. Kommt Dir diese neue Regelung entgegen?
Wenn du als Trainer viel Qualität auf der Bank hast, kannst du damit ein Spiel im besten Fall noch entscheidend beeinflussen. Von daher kann es mir nur recht sein. Und Spieler, die so zu zusätzlichen Einsatzzeiten kommen, werden auch nichts dagegen haben.

Nach dem Homberg-Spiel warst Du trotz des Sieges nicht ganz zufrieden. Das lag an der Schlussphase!
Das war für mich in der Tat ein Wermutstropfen. Wir hatten das Spiel über 85 Minuten kontrolliert, uns dann aber völlig unnötig noch selbst in Bedrängnis gebracht. Ich wollte bei unserer 2:0-Führung auf das 3:0 gehen, um das Spiel klar zu entscheiden. Bis dahin war es nämlich eine klare Angelegenheit. Die Mannschaft hat dann aber versucht, den Vorsprung nur noch zu verwalten. Die Folge war der Gegentreffer, durch den die Homberger noch einmal Auftrieb bekommen haben, so dass unser Erfolg plötzlich noch in Gefahr geriet. Es ist schließlich immer mal möglich, dass plötzlich noch ein Ball durchrutscht.

Am Ende wurde der Sieg aber über die Zeit gebracht. So könnte dieses Erlebnis noch einen willkommenen Lerneffekt haben?
Ich denke, dass es die Mannschaft für die Zukunft sensibilisieren wird. Wer nur wenige Prozentpunkte nachlässt, der kann schnell Probleme bekommen. Daraus sollten wir lernen.

Die nächsten beiden Gegner in der Meisterschaft, die U 21 des 1. FC Köln und der SV Rödinghausen, sind ebenfalls mit zwei Siegen optimal gestartet. Kann man zum jetzigen Zeitpunkt der Saison schon von Spitzenspielen sprechen?
Das würde mir zu weit gehen, auch wenn es tabellarisch so aussieht. Nach zwei Spieltagen ist das Abschneiden aller 19 Mannschaften lediglich eine Momentaufnahme. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Klar ist allerdings, dass wir auf zwei Gegner treffen, die ebenfalls über sehr große Qualität verfügen.

Im zweiten Heimspiel der Saison geht es zum zweiten Mal gegen die zweite Mannschaft eines Bundesligisten. Du warst beim Hamburger SV selbst U 21-Trainer. Wie gerne spielst Du gegen diese Nachwuchsteams?
Eigentlich sehr gerne, denn in der Regel spielen diese Mannschaften nach vorne. Das könnte uns Räume geben. Grundsätzlich steht bei diesen Teams die Ausbildung der jungen Talente  im Vordergrund.

Bei der Kölner U 21 kam zuletzt mit Niklas Hauptmann ein Mittelfeldspieler aus dem Profikader zum Einsatz. Beim 3:0 gegen den SV Bergisch Gladbach 09 trug er sich gleich zweimal in die Torschützenliste ein. Wie stehst Du dazu?
Ich weiß um die Möglichkeiten, die der Einsatz dieser Spieler mit sich bringen kann. Ich weiß aber auch um die Tücken. Nicht immer ist das wirklich ein Vorteil, wenn Spieler ins Team rücken, die sonst gar nicht am Training teilnehmen. Das kann sogar zum Nachteil werden. Wir sollten uns davon so oder so nicht beeinflussen lassen. Wir möchten unabhängig vom Gegner in den Heimspielen gemeinsam mit unseren Fans ein Selbstbewusstsein und eine Heimstärke entwickeln, die es grundsätzlich für andere Team schwierig macht, hier etwas zu holen.

Noch am Mittwoch stand das Erstrundenspiel im Niederrheinpokal gegen den Landesligisten SV Genc Osman Duisburg auf dem Programm. Wie wird die Belastung in dieser englischen Woche gesteuert?
Wir haben einigen Spielern, die in den ersten beiden Meisterschaftspartien noch nicht zu langen Einsatzzeiten gekommen waren, die Möglichkeit gegeben, sich zu zeigen. Das hat aber nichts mit einer gewollten Rotation oder einem B-Kader zu tun, sondern diese Spieler bringen ebenfalls die Qualität mit, um unserem Team zu helfen. Es wichtig, dass auch sie regelmäßig Wettkampfpraxis sammeln.

Wie ist der Stand bei den zuletzt angeschlagenen Spielern?
Jonas Erwig-Drüppel konnte in dieser Woche wieder voll einsteigen. Auch Enzo Wirtz absolviert bereits Teile des Mannschaftstrainings. Cedric Harenbrock wird nach und nach in die Trainingseinheiten integriert, bis er nach seiner langen Pause aber wieder voll belastbar ist, wird es noch etwas dauern.