27. Juni 2011
Liebe WATZ – Ein Leserbrief!
Liebe WATZ,
allmorgendlich halten wir Dich meist freudig in unseren Händen, wobei das nicht nur an dieser schönen Farbwahl liegt: Rote Buchstaben auf weißem Grund gefallen uns seit je her besser als etwa zum Beispiel eine mit blau spielende Farbkombination. Unsere Freude speist sich auch daraus, dass wir die von Dir dargebotenen Informationen aufsaugen, insbesondere unseren geliebten Fußballverein betreffend. Dieses schützenswerte Kulturgut gibt es schon seit 1907, viele von uns sind seit ihrer Geburt Fan, manche wurden erst in Kindertagen vom Virus angesteckt und ganz wenige wurden in späteren Jahren erst bekehrt. Wir alle lieben aber unseren Verein und nutzen alles, was es von ihm und über ihn gibt. Für viele von uns ist das der Grund, warum wir Dich, liebe WATZ, allmorgendlich in die Hände nehmen.
Wie Du weißt, liebe WATZ, ist unser Verein etwas ganz Besonderes – zu recht schreibst Du es selbst häufig genug: Von den Gründungstagen mit Georg Melches, über den Pokalsieg und die 55er Meisterelf mit Fritz, August, Penny, dem Boss und vielen weiteren Helden, über die Zeiten in der ersten und zweiten Bundesliga mit einem Ungeheuer, einer Kobra und der (!) Ente, dem schönen Finale in Berlin 1994 bis etwa hin zur Meistersaison 2010/11 hast Du uns schon in großen Buchstaben gefeiert, hast uns bei Abstiegen und verpassten Aufstiegen (wir mögen etwa kein Marzipan mehr aus einer bestimmten Stadt in Schleswig Holstein) begleitet, immer von dem gefühlt seit Gründung leeren Konto gewusst, bei Lizenzentzügen und schließlich der Insolvenz im Juni 2010 zu Recht kritisch hinterfragt – Du, liebe WATZ, warst stets dabei und hast Dich am Mythos Hafenstraße, an den leidensfähigen Fans, an diesem besonderen Stück Fußballkultur erfreut und aber auch abgearbeitet.
Manchmal, liebe WATZ, sind wir aber etwas irritiert. Zunächst dachten viele von uns, es ist ein Versehen. Mal berichtest Du über uns und schreibst uns richtig, mal aber lesen wir unseren Namen wieder falsch. Ein Versehen kann natürlich oft passieren und ist nicht schlimm, aber die Konsequenz, mit der wir bei Dir falsch auftauchen lässt viele von uns glauben, dass das wenig mit „Versehen“ zu tun hat. Und heute finden wir dann unseren Namen richtig geschrieben, aber mit An- und Abführungszeichen versehen… woran erinnert uns das noch?
Sicher, liebe WATZ, mit einem Versehen begann das alles, denn dass wir heute so heißen, wie wir heißen ist der Legende nach daher rührend, dass ein Rechtspfleger in Borbeck einst Rot-Weiss schrieb, und so diesem besonderen Verein seinen heute in der Satzung und im Markenregister eingetragenen Namen gegeben hat – den wir erst am Sonntag auf unserer Mitgliederversammlung bei den Satzungsänderungen nochmals betonten! Nicht absichtlich damals die Schreibweise, aber die Erfindung von Porzellan war auch nicht gewollt und trotzdem trinken Deine Redakteure aus Porzellan-Tassen (hoffentlich rot-weissen und nicht die mit dem blauem Emblem) ihren Kaffee, während sie über unseren Verein schreiben. Und wenn wir uns alles wegdenken, was aus Versehen entstanden ist, dann würden etwa Kinder auf der Kettwiger kein Eis am Stil lecken (wenngleich uns die gleichnamigen Filme allerdings nicht erspart geblieben wären, sondern sicher unter einem anderen Namen Eingang in die Welt gefunden hätten) und vieles wäre von der EBE entsorgt worden, da es nicht von Sekundenkleber gerettet wurde (wenngleich vieles vielleicht besser auf dem Abfall gelandet wäre). Und noch schlimmer: wir könnten im Stadion keine Currywurst essen! Was wäre aber unser Leben ohne unseren Verein und die geliebte Currywurst?
Selbstverständlich musst Du, liebe WATZ, schon aus Dir selbst heraus das Fähnchen der Orthographie ganz hoch halten. Der Duden schreibt die Sachen nur auf, Du schreibst die Sachen. So sorgst Du auch dafür, dass Generationen von Schülerinnen und Schülern durch allmorgendliches Zeitung lesen unsere Sprach erlernen. Unsere Sprache, die aber lebt, ständig neue Wörter bekommt, die neben Wörtern eben auch aus Eigennamen und Marken besteht. Auch daher sind wir immer wieder verwirrt, wenn Du diese eine Strommarke ohne „w“ am Ende schreibst, obwohl gelb im englischen doch „yellow“ geschrieben wird. Warum verbesserst Du nicht hier? Auch lesen wir bei Dir von „Fielmann“ und wundern uns, wie viel Mann Du denn überhaupt meinst und oder ob es doch eher um gefallene Männer geht und es eigentlich ein sozialkritischer Artikel sein soll, der sich nur in den Wirtschaftsteil verirrt hat? Und wir finden bei Dir ganz viele weitere Worte, die nicht im Duden stehen, oder kannst Du uns erklären, was ein „Pril“ ist oder ob „Twix“ ein Spiel? Und ganz erschrocken waren wir, als wir im Duden nirgendwo das Wort „WATZ“ gefunden haben und fragten uns, was machen wir denn nun? Insbesondere, da die Regel doch lautet, dass nach kurzen Vokalen das „tz“ steht so wie in Blitz, Netz, Hatz, nur nach Konsonanten sowie Doppellauten lediglich das „z“. Du wendest also die hohen Regeln der Rechtschreibung bei Dir selbst gar nicht an, oder?
Kürzlich noch, liebe WATZ, haben wir bei Dir gelesen, „Rot-Weiss Essen ist eine starke Marke“ (bei Dir lasen wir das allerdings anders) – wir wundern uns, warum Du diese Marke dann nicht so schreibst, wie man sie schreibt? So schreibst, wie sie als Marke eingetragen ist oder wie es bei uns in der Satzung heißt? Wir sind dann zu dem Schluss gekommen, dass Du zu einer eigenwilligen Spezies von Sprachschützern gehörst und die Orthographie rein halten willst – rein von Eigen- und Markennamen, die sich nicht im Duden finden. Ob Du, liebe WATZ, das durchhalten kannst, das mag man bezweifeln. Es dient vor allem nicht dem Verständnis, wenn Du, liebe WATZ, die Dinge einfach so nennst, wie Du es für richtig hälst. Lies in Deinem Feuilleton, den Du ja schlicht Kultur nennst: (Eine) Rose ist eine Rose ist eine Rose und merke: Rot-Weiss Essen ist Rot-Weiss Essen ist Rot-Weiss Essen. Mehr noch: Rot-Weiss Essen war wer, ist wer und bleibt wer – bleibt wer, nachdem wir die Insolvenz nun hinter uns lassen werden. Vielleicht wäre gerade dies ja eine Chance. Am 01. Juli werden wir eine (quasi) Prohibitionsparty machen, werden wir mit einer Sause am Georg-Melches Stadion unseren (Wieder-)Geburtstag feiern. Wir sind an dem Tag dann schuldenfrei, aber ohne Geld. Wir laden Dich ein, das mit uns zu feiern und würden uns über ein Geschenk zu diesem (Wieder-)Geburtstag freuen. Das Geschenk, uns so zu schreiben, wie wir uns selbst schreiben. Wir würden uns sehr freuen und mit noch größerer Freude allmorgendlich auf diese roten Buchstaben auf weißem Grund schauen. Auch dadurch würdest Du zum SCHÜTZER werden: Zum SCHÜTZER des Kulturgutes ROT-WEISS ESSEN.