20. November 2013
Heimann: „In jedem Spiel was zurückgeben!“
Unsere Nummer eins hat sich in Essen eingelebt und will sportlich die nächsten Schritte machen.
Er hat eine dieser Geschichten erlebt, von denen viele Jugendliche träumen. In jungen Jahren verließ Niclas Heimann Deutschland und schlug seine Zelte an der Themse auf. Beim FC Chelsea London sammelte der Schlussmann wichtige Erfahrungen, die ihn auch in seiner späteren Laufbahn prägten. Mit 23 Jahren ist Heimann zurück in Nordrhein-Westfalen und hat, vermutlich auch bedingt durch seine Aufenthalte bei Klubs in England, Österreich und den Niederlanden nur einen simplen Wunsch: „Ich möchte einfach spielen, besser werden und Vertrauen zurückgeben.“
Max Merkel soll einmal gesagt haben: „Torhüter und Linksaußen haben eine Macke.“ Niclas Heimann hätte unter Merkel wohl einen schweren Stand gehabt. Angefangen hat unsere Nummer eins nämlich nicht zwischen den Pfosten, sondern als Linksaußen. „Ich war damals in F-Jugend relativ erfolgreich, was das Tore schießen angeht“, schmunzelt Heimann. Nun heißt unser Trainer nicht Merkel, sondern Fascher, und Niclas Heimann kann man wirklich nicht nachsagen, er hätte eine Macke. Was man aber trefflichst behaupten kann, ist, dass der 23-Jährige ein kleiner Weltenbummler in seinen jungen Jahren gewesen ist.
Mit neun Jahren erfolgte schon der Wechsel zu Bayer 04 Leverkusen. Dort lernte Heimann die ersten professionellen Kniffe in der von Rüdiger Vollborn geprägten Torwartschule. Nicht nur sportlich war dieser Wechsel mit Veränderungen verbunden: „Ich hatte dort jeden Tag Training und musste das mit der Schule unter einen Hut bringen.“
Zeitintensives Unterfangen
Während andere Spieler zwischen den Nachwuchsleistungszentren der Bundesligisten wechseln, wählte Heimann einen besonderen Schritt: „Als ich 14 Jahre alt war, ist Dennis Krol, der damals auch bei Bayer Leverkusen gespielt hat, nach Barcelona gewechselt. Wir haben ein Turnier in Spanien gespielt und im selben Jahr wollten die mich auch haben“, beschreibt Heimann die bewegenden Jahre seiner fußballerischen Jugend, „meine Eltern wollten zu dieser Zeit nicht, dass ich wechsele. Ich sollte erst einmal die Schule machen.“
Kaum ein Jahr später folgte dann das nächste Angebot. „Mit 15 Jahren kam noch eine Chance. Ich dachte mir, so eine Möglichkeit kommt nicht oft und habe es dann auch gemacht.“ Die Offerte, die Heimann nicht ablehnen konnte und wollte, kam aus London. Der FC Chelsea lockte das Torwarttalent aus Engelskirchen auf die britischen Inseln.
Im Juli 2007 ging es nach London und Heimanns Traum von einem Auslandsaufenthalt bei einem großen Klub wurde Wirklichkeit. Eine große Umstellung, besonders für einen 16-jährigen Heranwachsenden – denkt man. Heimann: „Ich hatte von Tag eins an große Unterstützung. Klar war es ungewohnt, so weit von zu Hause weg zu sein. So richtig Heimweh hatte ich aber nie.“ Was vermutlich auch daran lagt, dass unsere Nummer eins im Mutterland des Fußballs tüchtig eingebunden war: „Zwischen den Trainingseinheiten hatten wir Privatlehrer, die mit uns gelernt haben.“
„Chelsea ist ein Karussell“
Dass ihn weder das Heimweh noch das neue Umfeld übermannten, lag auch an seiner Unterbringung, wie Heimann lobend betont: „Ich hatte eine super Gastfamilie, in der ich mit einem weiteren Spieler gewohnt habe. Er hatte quasi dasselbe ‚Schicksal‘ wie ich.“
Drei Jahre lang war England Heimanns sportliche und private Heimat. Drei Jahre, in denen er viel gelernt habe: „Ich würde es auf jeden Fall noch einmal machen. Da ich in jungen Jahren in England war, hat das meine Persönlichkeitsentwicklung beeinflusst. Wenn man relativ früh auf dich alleine gestellt bist, dann musst du viele Dinge alleine bewerkstelligen.“ Ein nettes Überbleibsel aus seiner Zeit an der Themse hat Heimann auch parat: „Die Sprache beherrsche ich zwar nicht perfekt, aber schon sehr gut. Das ist auf jeden Fall ein Vorteil.“
Wie es im modernen Fußball so ist, besteht nur noch wenig Kontakt zu seinem englischen Ex-Verein. Der Hauptgrund dafür liegt im Sommer und im Winter: „Ab und zu schreibe ich dem Zeugwart, die immer noch dort sind. Ansonsten ist das ja ein Karussell, da kommen immer wieder neue Spieler. Ein paar Spieler kenne ich noch, aber die sind fast alle ausgeliehen. Die anderen sind zum großen Teil wieder weg.“
Auch Heimann verließ den Abramowitsch-Klub nach drei Spielzeiten wieder, kehrte aber zunächst nicht nach Deutschland zurück. Stattdessen ging es für den ehemaligen U18- und U20-Nationalspieler über Österreich in die Niederlande. Zwei Jahre lang zog der Torwart seine Handschuhe für RB Salzburg über, ehe es für zwölf Monate nach Venlo ging. „Man nimmt von all diesen Aufenthalten etwas für das Leben mit“, erklärt Heimann.
Nach sechs Jahren europäischem Ausland kehrte er in sein Heimatland zurück. Doch auch hier entdeckte er persönliches Neuland. „Ich war in Cottbus, aber da ist es nicht ganz rund gelaufen. Der Abstieg mit Energie hat mir nicht in die Karten gespielt“, beschreibt Heimann seine Rückkehr nach Deutschland. Heimat hin oder her – der Schlussmann hatte nur eines Kopf: „Ich wollte einfach nur spielen! Mit 23 Jahren musst du schlichtweg spielen. Wenn du nicht spielst, dann wirst du nicht besser.“
Umso mehr dürfte unsere Nummer eins der Anruf aus dem Ruhrgebiet gefreut haben: „Ich hatte gute Gespräche mit den Verantwortlichen, kurz nach dem Marc Fascher übernommen hatte. Die Regionalliga West ist eine starke Liga und Rot-Weiss Essen ein besonderer Verein.“ Mit einer Sache hat sich Heimann besonders schnell angefreundet: „Die Heimspiele sind schon etwas Besonderes. Gegen Wattenscheid hatten wir über 14 000 Zuschauer, das hat kein anderer Regionalligist!“
Dass sich neben der grandiosen Atmosphäre auch der sportliche Erfolg eingestellt hat, erklärt Heimann sehr nüchtern: „Wir hatten viele Neuzugänge und das braucht immer ein bisschen Zeit. Wir haben erst die richtigen Konstellationen im Team gesucht und haben uns immer mehr stabilisiert.“
Dank an Marc Fascher
Besonders dankbar ist Heimann seinem Trainer Marc Fascher. „Ich glaube, dass es sehr gut ist, einen Trainer zu haben, der zu seiner Aufstellung steht. Gute 80 Prozent gehen mit den Einflüssen von außen anders um und hätten mich vielleicht aus dem Tor genommen. Es ist ja bekannt, dass es am Anfang für mich nicht so gut lief“, gibt Heimann selbstkritisch zu. Dass es nun wesentlich besser für unseren Stammtorwart läuft, hat für Heimann einen einfach Grund: „Er hat mir das Vertrauen gegeben und ich versuche ihm das in jedem Spiel zurückzugeben.“