18. Februar 2014

„Jay“ Propheter: Neuanfang mit Maske

Den 27. Oktober 2012 wird RWE-Neuzugang Jerome Propheter so schnell nicht vergessen. Mit seinem damaligen Verein Viktoria Köln verlor er nicht nur das Spiel gegen Rot-Weiss Essen (1:2), sondern lernte danach auch die Kehrseite des Fußballs kennen. Ohne Fremdeinwirkung zog sich der Innenverteidiger einen Syndesmosebandriss zu, der ihn für lange Zeit von der Bildfläche verschwinden ließ. Mit dem jetzigen „Neuanfang“ bei Rot-Weiss schließt sich für den 23-Jährigen der Kreis. Denn „Jay“ spielt nun für den Verein, gegen den er sich damals schwer verletzt hatte.

Nur zu gerne hätte Jerome Propheter sein Debüt im RWE-Trikot gleich zum Restrundenauftakt bei seinem ehemaligen Verein Viktoria Köln (2:2) gegeben. „Aber nach nur drei Trainingseinheiten mit der Mannschaft hatte sich der Trainer dagegen entschieden und mit dem Punktgewinn alles richtig gemacht“, blickt der RWE-Neuzugang zurück.  Inzwischen hat er seine ersten Einsätze längst hinter sich, gehörte dreimal in Folge zur Essener Startformation und spielte jeweils 90 Minuten durch.

Dass seine Leidenszeit nun endlich vorbei ist und er wieder voll mitmischen kann, macht den langen Innenverteidiger mit den senegalesischen Wurzeln froh. „RWE hatte sich sehr um mich bemüht und die Gespräche mit dem Sportlichen Leiter Damian Jamro und Trainer Waldemar Wrobel haben mich überzeugt“, sagt Propheter.

Dass Jerome anfangs mit einer Gesichtsmaske auflaufen musste, ließ den 1,92 Meter-Hünen relativ kalt.  Vor seinem Wechsel zur Essener Hafenstraße hatte er Anfang Januar beim Drittligisten VfL Osnabrück für einen Vertrag vorgespielt. In einem Testspiel beim niederländischen Erstligisten Twente Enschede (1:2) krachte es und das Nasenbein war gebrochen. Seit dem Auftritt gegen die U23 von Fortuna Düsseldorf liegt das „Ding“ allerdings wieder in der Schublade.

Mit der Verpflichtung von Innenverteidiger Propheter bewiesen die RWE-Verantwortlichen offenbar „seherische Fähigkeiten“, denn nur wenig später verabschiedete sich Vincent Wagner bekanntlich mit einer Schulter-Operation für die nächsten Monate. „Wir haben ihn genau für eine solche Situation geholt, weil so etwas eben immer passieren kann“, betont Trainer Wrobel. „Außerdem mussten wir auf dieser Position handeln, weil niemand absehen konnte, wann Michael Laletin die Folgen seiner Schambeinentzündung endgültig überwunden hat und wann Thomas Denker und Kai Nakowitsch nach ihren Verletzungspausen wieder bei 100 Prozent sein werden.“

Auch deshalb ist Neuzugang Jerome Propheter zumindest vorerst eine feste Größe in der RWE-Abwehr und kann die negativen Erfahrungen der vergangenen Monate hinter sich lassen. Nach der gegen Rot-Weiss erlittenen Syndesmosebandverletzung war seine Karriere schließlich ein wenig ins Stocken geraten. Die Reha dauerte länger als erwartet und bei Viktoria Köln wurde Jerome – nachdem sein Wechsel zu Arminia Bielefeld bekannt wurde – auch noch vom Spielbetrieb suspendiert. Keine guten Voraussetzungen für seinen Start bei den Ostwestfalen, denn dort wollte Jerome den Durchbruch ins Profigeschäft schaffen. Doch daraus wurde nichts. „Jay“, wie er von seinen Mitspielern genannt wird, blieb bei der Arminia ohne Profi-Einsatz, musste stattdessen bei der U23  in der Oberliga Westfalen aushelfen.

„Ich konnte mich bei der Arminia nicht durchsetzen und die Oberliga – obwohl dort auch guter Fußball gespielt wird – war nicht mein Anspruch“, sagt Jerome zu seinem Abschied aus Bielefeld, wo er jedoch trotzdem noch große Anerkennung genießt. Bevor die Arminia dem Leihgeschäft bis 2015 zustimmte, wurde Propheters Vertrag zunächst bis 2016 verlängert. „Ich bin zwar in die Regionalliga zurückgekehrt. Trotzdem habe ich meine Ziele nicht aus den Augen verloren,“ schiebt Jerome hinterher und will von einem Rückschritt nichts wissen. „Für mich war wichtig, dass ich nach meiner Verletzung endlich wieder ambitioniert Fußball spiele, die Nähe zu meiner Heimat habe und mich endlich wieder wohl fühle. Die Mannschaft hat mich sehr gut aufgenommen, die RWE-Fans und das neue Stadion sind phantastisch, die Arbeit mit dem Trainerteam macht großen Spaß“, so Propheters erste Eindrücke in Essen. Da macht es auch nichts, wenn sich die Mannschaft nach wie vor in einem Container auf dem Stadionvorplatz umziehen muss, bevor es zur „Arbeit“ geht. „Ich war bislang etwas anderes gewohnt. Doch den Umständen kann man durchaus auch etwas Gutes abgewinnen. Durch die körperliche Nähe ist die Mannschaft noch enger zusammengerückt.“

Obwohl sich „Jay“ in Essen bereits gut eingelebt hat, ist der Junggeselle noch nicht zu 100 Prozent angekommen. Für den in Köln-Deutz aufgewachsenen Innenverteidiger wird in Essen noch eine passende Wohnung gesucht.  Momentan ist er daher noch im RWE-Partnerhotel „Mercure“ untergebracht. „Ich stelle keine großen Ansprüche und bin sicher, dass bald das Passende gefunden wird“, hält der gelernte Industrie-Mechaniker nichts vom Pendeln zwischen zwei Städten. „Gerade in den ersten Wochen ist es wichtig, ganz nah bei der Mannschaft zu sein.“

Dass sein Debüt mit der Niederlage gegen den SC Wiedenbrück 2000 (2:3) völlig daneben ging und auch in den folgenden Partien keine Punkte auf das RWE-Konto wanderten, ärgert Jerome Propheter maßlos. „Das habe ich mir auch ganz anders vorgestellt. Aber wir haben es beispielsweise gegen Wiedenbrück nach dem plötzlichen Anschlusstreffer nicht mehr geschafft, den Hebel umzulegen“, kann er immer noch nicht fassen, ein sicher geglaubtes Spiel so leichtfertig aus der Hand gegeben zu haben.

„Ich bin ein Kämpfer und auf Asche groß geworden. Darüber hinaus will ich jedes Spiel gewinnen“, betont er. Umso schöner, dass es am vergangenen Wochenende endlich mit dem ersten Sieg im rot-weissen Trikot geklappt hat.