6. August 2014
Auftakt zur Westdeutschen und Deutschen Meisterschaft 1954/55
Rot-Weisser Rahnsinn! In dieser Saison jährt sich der größte Vereinserfolg von Rot-Weiss Essen zum 60. Mal: Die Deutsche Meisterschaft 1954/1955.
Der Startschuss in die erfolgreichste RWE-Saison fiel am 22. August 1954 im Auswärtsspiel bei Bayer Leverkusen. Rot-Weiss Essen hatte nach einer neunwöchigen Amerikareise von April bis Juni 1954 und der Weltmeisterschaft in der Schweiz nur eine kurze Vorbereitungszeit gehabt. Dennoch galt das Team von der Hafenstraße nach einer Umfrage des Magazins KICKER bei den Mannschaftskapitänen und Trainern der Oberliga West als Titelfavorit. Der rot-weisse Angriff wurde mit 12 Stimmen als der beste herausgestellt, die übrigen drei Stimmen fielen auf Köln und Schalke. Mit Helmut Rahn, Willi Vordenbäumen , August Gottschalk, Penny Islacker und Bernhard Termath gab es eine Sturmreihe, die in der vorherigen Saison 66 von 75 Toren geschossen hatte. Nur knapp hatte man den Meistertitel hinter dem 1. FC Köln verpasst, am letzten Spieltag mit einem 4:2 Erfolg aber noch die Schalker vom zweiten Platz verdrängt. Jetzt sollte es der Titel sein.
Eine wichtige Veränderung gab es auf der Trainerbank. Karl Hohmann, Übungsleiter mit der bis heute längsten Amtszeit, hatte RWE nach fünfjähriger erfolgreicher Arbeit verlassen. Wie sehr man sein Wirken schätzte, zeigt ein Zitat aus der Festschrift von 1957:
„Wir verloren in ihm nicht nur den großen Fußballer, sondern weit mehr den echten Kameraden, den Pädagogen und Psychologen. Seine tief wirkende Arbeit, eine Arbeit mehr im Stillen, musste Früchte tragen. Ihre sichtbaren Früchte waren die zweimalige Teilnahme an der Endrunde zur deutschen Meisterschaft, der Pokalsieg, dazu die vielen Erfolge in in- und ausländischen Spielen.“
Neuer Trainer wurde Fritz Szepan, Schwager von Ernst Kuzorra, Denker und Lenker des berühmten Schalker Kreisels und ehemaliger Kapitän der deutschen Nationalmannschaft. In den Jahren 1949 bis 1954 hatte er den Reviernachbarn trainiert und 1951 versucht, Helmut Rahn von den Sportfreunden Katernberg in die verbotene Stadt zu locken. Doch Georg Melches machte dem späteren WM-Torschützen des Siegtreffers von Bern ein besseres Angebot. Er verschaffte Rahn einen Arbeitplatz in der Fahrbereitschaft der Didier-Kogag-Werke und stellte ihm einen Opel Kapitän zur Verfügung, den der Rechtsaußen auch privat nutzen konnte. „Drei Räder“, so erzählte Rahn damals, „fahren für mich, eins für die Firma.“
In den richtigen Farben konnte Fritz Szepan nun endlich mit seinem Stürmeridol den sportlichen Erfolg suchen und feiern.
Das Auftaktspiel in Leverkusen endete 1:1. Ein fast schon traditionelles Ergebnis, denn in der Chemiestadt reichte es auch in den Spielzeiten zuvor immer nur zu einem Unentschieden.
RWE nahm das gelassen hin, da man die Stärke der Mannschaft kannte. Und diese legte bis zur Weichnachtspause eine fantastische Serie hin. Lediglich Alemannia Aachen beim 1:1 und Fortuna Düsseldorf beim 2:2 gelang in der Hinrunde jeweils ein Teilerfolg. Nach dem 3:0 Auswärtserfolg beim Lokalrivalen und Verfolger ETB Schwarz-Weiß stand RWE alleine an der Tabellenspitze und gab diese nicht mehr her. Mit sieben Zählern Vorsprung und 27:3 Punkten wurde das Team von der Hafenstraße Herbstmeister und legte so den Grundstock zur Westdeutschen und Deutschen Meisterschaft.
Autor: Georg Schrepper