15. September 2014

„Ich will der Mannschaft helfen, wo ich kann“

Neuzugang Tim Treude will seinen Erfolgshunger bei Rot-Weiss Essen stillen.

Auf den letzten Drücker kam Tim Treude in diesem Sommer zu Rot-Weiss Essen. Lange Zeit um sich einzuleben brauchte der 24-Jährige nicht, lobt nach nur zwei Wochen bereits den Geist der Mannschaft und seine neue sportliche Heimat: „Ich fühle mich wohl, das Umfeld ist toll. Es macht mir sehr viel Spaß bisher.“ Dass der Mittelfeldakteur seine Zelte bei unseren Rot-Weissen aufgeschlagen hat, ist dementsprechend kein Produkt des Zufalls: „Ich wollte wegen der Universität in Dortmund wohnen bleiben und als dann RWE auf mich zukam, war das perfekt.“

Auch deswegen sieht Tim Treude den Wechsel in die Regionalliga nicht als Abstieg an: „So kann ich am 1. Oktober mein Studium der Architektur beginnen. Und in der Regionalliga braucht man nicht lange überlegen, wer der geilste Verein ist.“ Viel Zeit zum Nachdenken brauchte Treude deshalb nicht: „Das Angebot war sehr interessant und ich konnte mir sehr gut vorstellen, zu Rot-Weiss Essen zu wechseln.“

Lange hat Treude für die Zweitvertretung Borussia Dortmunds gekickt, knapp 100 Spiele in Liga drei und vier gemacht. Eine Aussage über die Unterschiede zwischen der 3. Liga und der Regionalliga traut sich der Sechser allerdings noch nicht zu. Als Treude mit der BVB-Reserve in der Regionalliga auf Punktejagd ging, war sie noch drei- statt fünfgleisig: „Von den Mannschaften her ist die dritte Liga sicherlich attraktiver, allein weil sie eingleisig ist und viele ehemalige Erst- und Zweitligisten dort spielen. Spielerisch kann ich das noch nicht einschätzen, aber bei RWE haben wir eine hohe Qualität und können sicherlich oben mitspielen.“

Treude fühlt sich wohl in Essen, hat sich schnell eingelebt. Wessen Verdienst das ist, weiß der 24-Jährige ganz genau: „Die Mannschaft hat mich super aufgenommen. Ich kenne Tim Hermes noch aus meiner BVB-Zeit, genauso wie Konstantin Fring. Wir haben auch gleich eine Fahrgemeinschaft mit den ‚Dortmunder Jungen‘ und Cebio Soukou gebildet. Im Fußball kennt man sich sowieso über viele Ecken und kommt schnell ins Gespräch.“ Diese Annäherung war auch auf dem Trainingsplatz zu spüren. Mit Ball am Fuß lernen sich Fußballer eben noch schneller kennen, was die Eingewöhnungszeit für Neuzugänge erheblich erleichtert.

„Können immer ein, zwei Tore schießen!“

Obwohl der Mittelfeldstratege erst seit wenige Wochen an der Hafenstraße weilt, scheint er bereits mitten im Geschehen: „Unter der Woche haben wir das Defensivverhalten thematisiert. Wir dürfen nicht so viele und so einfache Gegentore erhalten wie gegen Oberhausen. Wenn wir das, was der Trainer sagt, umsetzen können, werden wir viel stabiler stehen.“ Um die Offensive sorgt sich Treude hingegen nicht: „Wir haben dort so viel Qualität, dass wir immer ein, zwei Tore machen können. Deshalb liegt das Hauptaugenmerk momentan auf unserem Abwehrverhalten.“

Karriere statt Freizeit

Ruhig und taktisch geprägt erklärt Treude die Trainingswoche. Kein Zufall, schließlich kommt der Mittelfeldmann aus der Kaderschmiede eines Bundesligisten. Die wichtigste Zeit seiner Juniorenkarriere verbrachte der 24-Jährige in der Jugendakademie von Borussia Dortmund. Ein Schlüssel für seine fußballerische Karriere und sein Engagement bei Rot-Weiss Essen: „Ich glaube, was die fußballerische Ausbildung angeht, kann man in kaum einem besseren Verein sein, als Borussia Dortmund. Die Möglichkeiten und die Trainerstäbe sind wirklich gut, dort ist jeder Jugendliche in besten Händen, auch menschlich. Die Grundlagen für eine erfolgreiche Karriere kann man dort legen.“

Ein Credo aus seiner Dortmunder Zeit will der flexible Mittelfeldspieler auch auf unsere Rot-Weissen übertragen: „Man spielt in jeder Jugendklasse um die ersten Plätze. So versucht man den Jungs eine gewisse Siegermentalität mitzugeben, auch für spätere Zeitpunkte in der Karriere.“ Dennoch weiß auch Treude, dass seine Wahl Profifußball einige andere Dinge in den Hintergrund gerückt hat. Bereut hat er diesen anstrengenden und steinigen Weg jedoch zu keinem Zeitpunkt: „Man muss natürlich auf einiges verzichten, gerade wenn man so wie ich sehr jung zu so einem Verein wechselt. Man hat Vorteile und auch Nachteile. An den Wochenenden, wenn andere frei haben, hat man selbst Spiele. Das macht sicherlich Spaß, aber man muss schon auf Freizeit und andere Aktivitäten, die man im jugendlichen Alter mag und macht, verzichten.“ Dass die andere Perspektive – die „normale“ Perspektive – manches Mal eine reizvolle war, kann Treude nicht abstreiten.

„Ich will der Mannschaft helfen, wo ich kann.“

Glücklich ist der 24-Jährige trotzdem, besonders nach seiner Unterschrift bei unserem RWE. In einem jungen Team sticht Treude mit seinen vielen Partien in der dritt- und vierthöchsten Klasse heraus. Daraus eine sofortige Führungsrolle interpretieren will der Neuzugang allerdings nicht: „Ich bin noch nicht lange dabei. Auf Dauer möchte ich natürlich in der ersten Elf stehen, möchte positiv in Erscheinung treten. Ich hatte letztes Jahr in der dritten Liga eine gute Spielzeit und möchte auch bei Rot-Weiss Essen Verantwortung übernehmen.“

Einzigartiges Debüt

Treude ist in seinem jungen Alter so reflektiert, um zu wissen, dass dies nicht von heute auf morgen gelingen kann: „Ich muss topfit sein und mich einfinden. Dann habe ich den Anspruch, der Mannschaft weiterzuhelfen. Sonst wäre ich auch fehl am Platz.“ Gefragt nach seiner fußballerischen Charakterisierung braucht er nicht lange zu überlegen. Er sieht sich vor der Abwehr, im modernen Fußball Sechser oder Achter genannt, aus der Tiefe kommend: „Auf diesen Positionen kann ich meine Stärken im Passspiel und Spielaufbau einbringen, kann das Spiel lenken und aufbauen.“ Treude sagt dies nicht als Forderung, umschreibt seine Qualitäten im Dienste der Mannschaft. Er wolle dort spielen, wo er Rot-Weiss Essen am besten helfen kann.

Seinen ersten Einsatz durfte der Neuzugang derweil in einem echten Kracher absolvieren. Beim Derby gegen Rot-Weiß Oberhausen kam er in der Schlussphase, zum Einsatz, kurz vor dem Ausgleich. Zum Einstand ein 4:4 in einem hoch emotionalen Spiel an der Hafenstraße – das kann wahrlich nicht jeder Spieler behaupten, erlaubt zu haben. Treude: „Das war nicht alltäglich, diese ganze Konstellation. Im ersten Spiel das Derby und dieses Stadion mit so vielen Zuschauern – das war etwas Besonderes.“ Trotz seiner Erfahrung auf anderen Plätzen schlich sich eine Portion Nervosität ein: „Ich war schon aufgeregt, aber es war einfach toll. Das erste Spiel für seinen neuen Verein zu machen, ist immer etwas Spezielles. Ich freue mich auf die nächsten.“