25. September 2014

„Wir müssen weiter konzentriert arbeiten.“

Marwin Studtrucker sieht das Potential, aber auch die Schwierigkeiten und wünscht sich Geduld.

In der Rückserie der letzten Saison erzielte Marwin Studtrucker noch zwei Tore gegen Rot-Weiss Essen – damals im Dress des SC Wiedenbrück. Kaum an der Hafenstraße eingelebt, traf er gegen seinen Ex-Klub. „Verrückt, aber so ist der Fußball“, schmunzelt der Offensivspieler. Denn so schwierig die Situation auch momentan ist, Studtrucker ist keiner, der die Flinte ins Korn wirft: „Wenn wir unsere Qualität abrufen, werden wir auch wieder gewinnen.“ Und so scheut er sich nicht vor dem Aufeinandertreffen mit dem Spitzenreiter Viktoria Köln: „Wir wollen drei Punkte holen.“

Dieser Optimismus rührt vielleicht aus seiner Jugend und seiner Familie. Schließlich war sein Vater Stefan schon Fußballprofi, hat lange Zeit bei der Arminia gekickt. „Ich bin in Hagen geboren und erst als mein Vater zur Arminia gewechselt ist, sind wir auch nach Bielefeld gezogen.“
Mit sechs Jahren begann dann auch der kleine Marwin, fußballerisch aktiv zu werden, spielte in einem „kleinen Dorfverein“, wie er selbst sagt. Lange dauerte es nicht, bis ein nicht mehr ganz so kleiner Klub auf ihn aufmerksam wurde: „Zur U13 bin ich dann zu Arminia Bielefeld gewechselt.“ Mitverantwortlich dafür: sein Vater. „Das hat schon eine Rolle gespielt. Ein Trainer aus der Arminen-Jugend hat ihn angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, für Bielefeld zu spielen.“

„Abwarten und hoffen?
Das ist nicht mein Stil.“

Gesagt, getan. Von der U13 bis zu den Profis durchlief Studtrucker alle Mannschaften, doch der richtige Durchbruch schien ihm nicht zu gelingen. Erst ein Trainerwechsel erfüllte ihm seinen großen Traum: „Ich wollte eigentlich im Sommer schon gehen, weil ich keine gute Perspektive für den Profibereich geboten bekommen habe. Als Christian Ziege dann Trainer wurde, habe ich die Chance erhalten.“ Der Angreifer durfte als damals 20-Jähriger mit ins Sommertrainingslager, hinterließ einen guten Eindruck und unterschrieb seinen ersten Profivertrag.

Dann ging alles ganz schnell: „Im DFB-Pokal habe ich sofort mein Pflichtspieldebüt gegeben, und im Heimspiel gegen Cottbus durfte ich dann sieben, acht Minuten ran. Es war ein geiles Erlebnis.“ Letztendlich blieb es bei ein paar Kurzeinsätzen für „seine“ Arminia: „Es war eine sehr prägende Zeit.“

Studtrucker zog es nach Wiedenbrück, von der zweiten Liga in die Regionalliga. Beim SC schaffte er schließlich den Durchbruch, erzielte das entscheidende Tor in der ersten Pokalrunde gegen Fortuna Düsseldorf und entwickelte sich zu einem zielsicheren Angreifer.

Doch was zeichnet unseren Offensivakteur aus? Studtrucker selbst zögert, als er über seine Qualitäten nachdenkt: „Es ist schwierig. Ich bin laufstark, versuche Wege zu gehen, die der Mannschaft helfen. Zum Beispiel kann ich durch einen bestimmtem Laufweg Raum für meinen Sturmpartner schaffen. Ich lenke sozusagen nur ab.“ Immer aktiv sein, auch wenn es in der zweiten Reihe ist und vielleicht von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wird – das ist Studtruckers Credo. Abwarten und dann die servierten Chancen verwandeln klingt aus seinem Munde fast zu langweilig: „Ich will mitten im Spiel sein, immer wieder mutig den Weg nach vorne zu suchen. Ich komme eher mit Tempo aus dem Rücken und warte nicht wie ein großer Sturmtank auf Bälle. Das ist nicht mein Stil.“

Appell an den Fußballgott

Auch diese Instinkte und fußballerischen Ideen könnten durchaus aus den Hause Studtrucker stammen. Schließlich war Vater Stefan auch Stürmer, und eine weitere Parallele zwingt sich geradezu auf: Beide sind eher kleiner gewachsen – sein Vater rund 1,70 Meter, der Sohnemann zwei Zentimeter größer. „Es ist kein Geheimnis, dass ich eher über Schnelligkeit und Wendigkeit komme, um eben weniger greifbar für die Defensive zu sein. Tempodribblings und Sprints helfen mir, meine Stärken einzubringen.“

Diese Stärke konnte der 24-Jährige in den ersten Spielen bereits einbringen. Bei der Bekanntgabe seines Wechsels zu Rot-Weiss Essen sprach Studtrucker von „einem geilen Verein“, auf den er sich besonders freue: „Mein Vater hat bei RWE immer von einem schlafenden Riesen gesprochen, wenn man auf Tradition und Potenzial schaut. Hier ist alles deutlich professioneller aufgestellt als beispielsweise in Wiedenbrück, obwohl beide in derselben Liga spielen. Das Zuschauerpotenzial reizt glaube ich jeden Fußballer. Die Stimmung in den ersten Spielen war richtig gut.“

„Ein komisches,
aber cooles Gefühl.“

Besonders wird wohl der Treffer gegen seinen Ex-Klub Wiedenbrück in Erinnerung bleiben: „Es war ein komisches Gefühl. Ich habe sehr guten Kontakt zu meinen ehemaligen Mitspielern und es sind sehr gute Freundschaften entstanden.“ Ein besonderes Schmankerl hatte SCW-Torwart Marcel Hölscher für seinen Ex-Kollegen auf Lager. „Wir haben vorher ein bisschen geflachst und er meinte, dass ich eh nicht treffen würde. Er wollte sogar eine Wette eingehen“, schmunzelt der Offensivakteur und fügt hinzu: „Es ist schon kurios, sein erstes Ligator für den neuen Klub gegen den Ex-Verein zu erzielen.“

Doch der Fußball ist bekanntermaßen ein kurzlebiges Geschäft. Nach weniger erfolgreichen Wochen herrscht Ernüchterung – nicht aber bei Studtrucker: „Uns hat ein wenig die Balance gefehlt. Wir sind aber in jedem Spiel in der Lage, Tore zu schießen, auch viele. Wir müssen aber als ganzes Team daran arbeiten, weniger Gegentreffer zu bekommen. Es sind Kleinigkeiten, die wir verbessern müssen.“ Mangelnde Zuversicht? Fehlanzeige. „Die Saison ist noch am Anfang und ich bin optimistisch, dass wir die Probleme in den Griff bekommen. Zusammen mit der erfolgreichen Offensive werden wir dann auch wieder erfolgreich sein.“