5. August 2015

„Fortuna muss unseren Atem ständig spüren“

Chef-Trainer Jan Siewert im Interview vor dem DFB-Pokalspiel gegen Fortuna Düsseldorf

Seit rund fünf Wochen ist Jan Siewert als Cheftrainer von Rot-Weiss Essen im Amt. Anfang Juli 2015 hatte der gebürtige Rheinländer, der in zwei Wochen seinen 33. Geburtstag feiert, eine der wichtigsten Positionen im sportlichen Bereich an der Hafenstraße übernommen. Nach dem missglückten Pflichtspieldebüt gegen den SC Wiedenbrück (0:3) steht am kommenden Sonntag im DFB-Pokal gegen Fortuna Düsseldorf ein Höhepunkt der noch jungen Saison auf dem Programm. Vor dem Derby gegen die Landeshauptstädter sprachen wir mit Jan Siewert.

Wie groß ist die Vorfreude, am Sonntag vor ausverkauftem Haus gegen Fortuna Düsseldorf spielen zu dürfen?

JS: Die Vorfreude auf dieses Spiel ist riesengroß. Im gesamten Verein und im Umfeld war und ist das zu spüren.

Haben Sie bei den Spielern eine besondere Anspannung ausgemacht?

JS: Seit Dienstag bereiten wir uns intensiv auf diesen Höhepunkt vor. Ich denke, dass die Anspannung, je näher es auf den Anpfiff zugeht, stündlich steigen wird.

Und wie sieht es bei Ihnen aus?

JS: Das Stadion ist seit Wochen restlos ausverkauft. Mit unseren Fans im Rücken wollen wir den Düsseldorfern einen erbitterten Kampf liefern. Ich freue mich darauf.

Mit Fortuna-Trainer Frank Kramer haben Sie zusammen die Ausbildung zum Fußballlehrer absolviert. Wie würden Sie ihn charakterisieren und wie wollen Sie ihn am Sonntag überlisten?

JS: Es ist schon kurios, dass ich in meinem ersten DFB-Pokalspiel gegen meinen ehemaligen Zimmerkollegen Kramer antrete: Solche Geschichten schreibt doch nur der Fußball. Frank Kramer habe ich als akribischen Arbeiter kennengelernt, der auf das noch so kleinste Detail achtet.

Welche Faszination geht Ihrer Meinung vom DFB-Pokal aus?

JS: Die Historie hat gezeigt, dass der David immer für eine Überraschung gegen den Goliath sorgen kann. Genau deshalb ist der Pokalwettbewerb aus dem Fußball nicht wegzudenken. Wir sind im Duell der beiden Traditionsvereine heute der krasse Außenseiter.

Was erwarten Sie von Ihrer Mannschaft?

JS: Unser Team soll alles aus sich herausholen. Uns steht ein Spiel bevor, in dem wir uns so gut wie möglich verkaufen wollen.

In welchen Bereichen sehen Sie bei Ihrer Mannschaft die meiste Luft nach oben?

JS: Wir müssen uns in allen Bereichen verbessern. In der Vorbereitung waren gute Ansätze zu sehen. Doch die 0:3-Niederlage gegen Wiedenbrück hat auch gezeigt, dass uns noch ein langer und intensiver Weg bevorsteht. In erster Linie gilt es jetzt, die individuellen Fehler abzustellen.

Wie wollen Sie den Unterschied von zwei Spielklassen wettmachen?

JS: Wir müssen um jeden Zentimeter Boden kämpfen und uns so den Respekt des Gegners erarbeiten. Die Fortuna muss ständig unseren Atem im Nacken spüren. Es geht darum, die Räume eng zu machen und Düsseldorf nicht zur Entfaltung kommen zu lassen.

Wo liegen die Stärken des Zweitligisten?

JS: Ich habe die Fortuna bei ihrer Heimpremiere beim 1:2 gegen den SC Paderborn 07 persönlich unter die Lupe genommen. Gerade über die Außenbahnen ist das Tempo bei den Landeshauptstädtern sehr hoch. Auch im Sturmzentrum sind sie immer brandgefährlich.

Ihre Punktspiel-Premiere gegen den SC Wiedenbrück war nicht von Erfolg gekrönt. Welchen Einfluss hat das Ergebnis auf die kommende Partie?

JS: Ein Sieg zum Saisonauftakt wäre sicher positiv für das Selbstvertrauen gewesen. Ich hätte diesen Wiedenbrücker Lerneffekt freilich lieber in der Saison-Vorbereitung erlebt. Dennoch kann ich der Mannschaft keinen großen Vorwurf machen. Wir haben uns für unsere Feldüberlegenheit nicht belohnt. Die Rote Karte von Jeffrey Obst hat uns dann aus dem Gleichgewicht gebracht.

Wie haben Sie Ihr Debüt an der Hafenstraße empfunden?

JS: Die Unterstützung von den Rängen war sensationell. Dass wir trotz der Niederlage mit Applaus von unseren Fans verabschiedet wurden, spricht für sich. Tendenzen lassen sich aber für den weiteren Saisonverlauf nicht ableiten. Wir sind gegen Wiedenbrück durch unsere forsche Spielweise in Unterzahl bestraft worden.

Mit Cebio Soukou, Gino Windmüller, Benjamin Baier und Daniel Grebe kamen gleich vier gestandene Spieler nicht zum Einsatz. Darf sich das Quartett Hoffnungen auf einen Einsatz gegen Düsseldorf machen?

JS: Im heutigen Fußball gibt es so gut wie keine Stammformation mehr. Jeder im Team ist wichtig – und wenn sich jemand einmal auf der Bank wiederfindet, sollte das nicht sofort zu einem Problem gemacht werden. Benjamin Baier ist ein Führungsspieler und extrem wichtig für uns. Seine Nichtberücksichtigung hatte rein taktische Gründe.

Auf welche Spielweise dürfen sich die RWE-Fans grundsätzlich in dieser Saison einstellen?

JS: Wir wollen die Fans mit attraktivem und aggressivem Fußball begeistern. Dafür müssen wir in jeder Phase des Spiels aktiv sein. Ballbesitz ist wichtig. Mit möglichst hohem Tempo wollen wir um jeden Ball kämpfen, so dass der Funke zu den Fans überspringt.

Interview: MSPW