7. Oktober 2015
„Wir halten zusammen!“
Allrounder Jeffrey Obst lobt den Teamgeist und den Zusammenhalt der Mannschaft.
Dass es sportlich vielleicht nicht so gelaufen ist, wie man es sich erhofft hat, ist die eine Sache. Die andere aber ist, dass die Mannschaft zusammengefunden hat. Trotz einiger neuer Gesichter zum Saisonwechsel bilden die Rot-Weissen auf und neben dem Platz eine Einheit. Egal ob sie gefeiert oder kritisiert werden; egal wer den Fehler macht. Und so betont unser Sommer-Neuzugang Jeffrey Obst im Laufe des Gesprächs immer wieder: „Wir halten zusammen, das ist sicher.“
Gleich zu Beginn seiner Zeit an der Hafenstraße machte Jeffrey die ersten Erfahrungen mit dem rot-weissen Teamgeist. Nach seiner roten Karte im ersten Saisonspiel gegen Wiedenbrück ging das Spiel 0:3 verloren. Das lag nicht allein am Platzverweis, aber im Kopf vieler Fußballer manifestiert sich nach einiger Zeit das Gefühl, man trage die alleinige Schuld an der Niederlage. Umso angenehmer waren die aufmunternden Worte der Mitspieler nach dem Spiel.
Und so ist der gebürtige Berliner noch immer sehr glücklich über seinen Wechsel zu Rot-Weiss Essen. Im Sommer kam der 21-Jährige vom BSV Rehden aus der Regionalliga Nord. „Ich spiele erstmals im Westen der Republik“, sagt Obst, der für Tennis Borussia, Werder Bremen und Rehden bislang nur in den Ost- und Nordligen zum Einsatz kam. Die Regionalliga West ist Neuland.
Doch nicht nur die Liga, auch die Mannschaftskollegen waren für den ehemaligen Hauptstädter eine vollkommen neue Erfahrung: „Man muss sich in einer neuen Mannschaft immer erst fußballerisch zurechtfinden. Ich denke aber, dass mir das nach einer anstrengenden Vorbereitung gut gelungen ist. Ich bin super aufgenommen worden, auch vom Trainerteam und Sportvorstand.“
Philosophie und Obst passen perfekt zusammen
Dabei kommt hinzu, dass der Spielstil seines Trainers quasi perfekt auf Obst‘ Bedürfnisse zugeschnitten ist. Der 21-Jährige, einst Innenverteidiger in der Jugend, hat bei Rehden ein halbes Jahr lang als Außenstürmer gespielt und immerhin fünf Treffer erzielt. Auch rechts oder links auf der defensiven Außenbahn kam er schon zum Einsatz.
Darf man ihn also als Allrounder bezeichnen? „Na klar. Mir hilft das ungemein. Ich weiß, was mein Mitspieler auf der rechten Außenbahn denkt, welche Möglichkeiten er hat und versuche dann, ihm weitere Optionen zu verschaffen“, sagt Obst selbstbewusst.
So richtig wohl, dass hat er mal in einem Interview gesagt, fühle er sich schon auf der rechten Defensivseite. Letztendlich sei ihm das aber „egal, solange die Mannschaft erfolgreich sei“. So dürfte das auch sein Trainer Jan Siewert sehen. Das akribische Arbeiten, gepaart mit der emotionalen Komponente – „das passt einfach“, sagt Obst über die Zusammenarbeit mit seinem Chef-Trainer. Nicht zu vergessen: Die offensive Rolle der Außenverteidiger „liegt mir einfach“.
Bei aller Zufriedenheit ist auch zu spüren, dass ihm der Saisonstart nicht gefallen hat. „Ich habe durch die rote Karte drei Spiele und damit zwischenzeitlich auch den Anschluss verpasst“, sagt er nachdenklich. In einer so jungen Phase der Saison sind drei Partien eine Welt. Umso glücklicher ist der Rechtsverteidiger, dass er wieder mit dabei ist.
Zweimal schlucken
Dann stockt er kurz. Er muss ein Defizit zugeben. Er musste die Regionalliga West und die Stimmung im Stadion Essen erst kennenlernen. „Wenn man das nicht gewohnt ist, muss man das erstmal verdauen“, gesteht Obst. In Rehden, Bremen oder Berlin hat er nicht vor lautstarken Fanmassen Essener Art gespielt. Mythos Hafenstraße. „Ich musste schon zweimal schlucken, als ich gegen Mallorca in der Vorbereitung aufgelaufen bin. Das war für mich der Wahnsinn – im positiven Sinne natürlich!“
Vielleicht hat Essen bald einen neuen Nationalspieler in seinen Reihen
In den Anfangssekunden scheint er sich fast etwas erschrocken zu haben, doch schnell begann er die Atmosphäre einfach zu genießen und mitzunehmen: „Das gibt dir die letzten zwei, drei Prozent, die du brauchst, um die entscheidenden Situationen für dich zu lösen.“
In Zukunft will er viele dieser Situationen für sich und damit für RWE entscheiden. Drei Jahre hat sich Obst an unsere Rot-Weissen gebunden. „Das macht man ja nicht einfach so“, betont Obst. Er wolle etwas erreichen, etwas Andauerndes schaffen. „Natürlich will ich mit RWE irgendwann nach oben“, sagt Obst. Er ist Sportler, und als Athlet will er immer das höchstmögliche erreichen. „Ich lege mich da zeitlich nicht fest. Wir wollen dieses Jahr eine gute Rolle spielen und mitmischen“, sagt Obst. „Was nützt es, wenn du sagst: ‚Wir müssen Erster oder Zweiter werden!‘ Der Fußball ist unberechenbar.“
Also heißt das Credo: Arbeiten, arbeiten, arbeiten. Ein möglicher Lohn für seine harte Arbeit in jungen Jahren wartet noch auf Obst. Sein Vater stammt aus Mosambik, baut dort gerade ein Haus. „Ich war noch nie dort, weil man Vater immer dann dort hingefahren ist, wenn ich Saison hatte“, sagt Obst. Auch wenn er es nicht direkt ausspricht, irgendwann wird ihn sein Weg nach Afrika führen.
Wohlmöglich als Nationalspieler. Obst besitzt die Nationalität Mosambiks und wurde bereits mehrfach zu Lehrgängen eingeladen. „In Berlin leben viele Menschen aus Mosambik. Der Verband hat dort Beobachter, die junge Fußballer früh anwerben“, erzählt Obst und erinnert sich an das Jahresende 2013, als er erstmals eingeladen wurde. „Ich habe aber abgelehnt“, so Obst. Die Begründung liegt in der deutschen Bürokratie: Obst würde nicht mehr unter die U23-Regel des DFB fallen. Ein Problem für seine Vereine und damit auch ihn. Doch der Allrounder geht die Sache ganz pragmatisch an: „Ich warte halt, bis ich 23 bin. Dann schauen wir mal, was passiert.“ Vielleicht gibt es dann Post aus Mosambik und ein Essener fährt zum Nationalteam…