7. August 2020
„Knipsen ist das geilste am Fußball“


Der neue rot-weisse Angreifer Simon Engelmann im Portrait
“Nimm doch mal deinen kleinen Bruder mit”. Ein Satz, der manch einem Geschwisterkind bekannt vorkommen dürfte – so auch bei den Engelmanns, einer fünfköpfigen Familie aus dem niedersächsischen Vechta. Der jüngere der beiden Söhne ist mittlerweile 31 Jahre alt, studierter Wirtschaftsinformatiker, doppelter Torschützenkönig der Regionalliga West und zur neuen Saison aus Rödinghausen an die Essener Hafenstraße gewechselt – gestatten, Simon Engelmann.
„Mein Bruder hatte wahrscheinlich auch mal die Schnauze voll, wenn unsere Mutter ihn wieder gebeten hat, mich mit auf den Bolzplatz zu nehmen“, berichtet Simon Engelmann von seinen ersten Kontakten zum Fußball. Platz genommen in der obersten Etage der RWE-Geschäftsstelle mit Blick ins Stadion, erzählt Rot-Weiss Essens Neuzugang von seinen Jugendjahren und Anfängen mit dem Fußball so, wie es sich zeitgleich in vielen weiteren Haushalten hier zulande abgespielt haben dürfte. „Ich bin als Kind ständig meinem großen Bruder hinterhergelaufen – vor allem auf den Bolzplatz.“
Die Anfänge als Fan und Spieler
Mit etwa fünf Jahren ging Simon Engelmann in die Bambini-Jugend des Dorfvereins. In den Jugendjahren war er Fan von Zidane, dem brasilianischen Ronaldo und vom SV Werder Bremen. „Ich war immer Werder-Fan. Zu Heimspielen stand ich häufig mit in der Kurve im Weserstadion.“ So früh und intensiv der Kontakt zum Fußball, so viel Zeit ließ sich Simon mit dem Schritt zum Profi. „Während der Jugend habe ich nie wirklich auf Top-Niveau bzw. in der Junioren-Bundesliga gespielt. Professionell wurde es erst mit Beginn meiner Seniorenzeit. Mit dem Schritt zu Lotte und in den Herren-Bereich habe ich nochmal einen Schub gemacht und war so bereit für die Regionalliga.“
Zweites Standbein
Das war 2010 und Simon damals 21 Jahre alt. Sein Abitur hat er da schon parallel zum Fußball gemacht. Es folgte ein Studium in Wirtschaftsinformatik. „Das war mir immer schon relativ wichtig, neben dem Fußball ein zweites Standbein zu haben.“ Mittlerweile ist der Abschluss in der Tasche und so noch mehr Zeit zum Tore schießen. Beim Ligakonkurrenten aus Rödinghausen ließ es der 31-Jährige in der Saison 2018/19 bereits insgesamt 19 Mal klingeln – persönliche Bestmarke. Diese baute er nur ein Jahr später aus. 26 Tore in 26 Spielen in der abgelaufenen Spielzeit lassen nicht bloß leicht eine in Simons Worten „sehr gute Quote“ erkennen, sondern verschafften ihm so erneut den Titel Torschützenkönig. „Darauf kann man stolz sein. Und daran will ich natürlich anknüpfen. Ich suche immer den Weg zum Tor. Knipsen ist schließlich das geilste am Fußball. Früher in Verl oder Oberhausen habe ich teilweise auch mal außen im Mittelfeld gespielt. Mit meinen Qualitäten in der Box und beim Abschluss sehe ich mich aber in der Spitze – da fühle ich mich am wohlsten und kann so auch dem Team am meisten helfen.“
Keine Frage, Simon Engelmann weiß, was er auf dem Platz im Stande ist zu leisten. Er ist selbstbewusst, ohne auch nur die Spur überheblich zu klingen. „Das wichtigste ist stets bodenständig zu bleiben und nicht abzuheben. Das haben mir besonders meine Eltern immer mitgegeben, ich selbst zu bleiben. Und ich glaube das habe ich ganz gut geschafft.“
Das nächste Ziel vor Augen
Seit gut 15 Monaten haben die Engelmanns selbst Nachwuchs im Haus. Zu dritt sind sie nun nach Essen gezogen. Eine Entscheidung, an der ebenfalls die gesamte Familie Anteil hatte. „Die Entscheidung nach Essen zu kommen, tragen alle mit. Das wurde alles gemeinsam abgeklärt und entschieden.“ Engel, wie er von seinen Mannschaftskollegen auf dem Trainingsplatz gerufen wird, kennt die Liga. Nach Lotte, Verl, Ober- und Rödinghausen, bezieht er sportlich nun Quartier an der Hafenstraße.
„Bei solch einem Traditionsverein ist was los. Es macht einfach mehr Spaß vor so einer Kulisse zu spielen. Wir müssen hier ja nur rausgucken.“ Engelmanns Blick wandert hinein ins Stadion. „Die Atmosphäre hier ist einfach besonders. Das Stadion, die Zuschauer, das Umfeld, die ganze Stadt –. Essen ist eine Top-Adresse“, mit welcher der Mittelstürmer ein festes Ziel hat. „Ich will beweisen, dass ich noch höherklassig spielen kann. Dafür bin ich hierhergekommen, um das mit diesem Verein zu erreichen.“
Bei solchen Sätzen dürfte mittlerweile auch der ältere Bruder froh sein, den jüngeren damals mit auf den Bolzplatz geschleppt zu haben. Der RWE jedenfalls ist es.