15. Februar 2021
„Sir Alex“ fordert und fördert RWE-Nachwuchs


Seit 25 Jahren ist der gebürtige Marler Udo Platzer für rot-weisse Talente im Einsatz.
Bei Rot-Weiss Essen ist Udo Platzer längst eine Institution. Der 58-Jährige kam 1996 an die Hafenstraße, stieg dort als E-Jugendtrainer in die Nachwuchsarbeit ein. Inzwischen hat sich der gebürtige Marler, der mit seiner Frau und den beiden Kindern in Haltern am See lebt, hohes Ansehen im Verein erarbeitet. Im Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) an der Seumannstraße wird Udo wegen seiner langen Dienstzeit nach dem Kult-Trainer Sir Alex Ferguson, der von 1986 bis 2013 den englischen Top-Klub Manchester United trainiert hatte und dort Heldenstatus genießt, nur "Sir Alex" gerufen.
Neben der U17 und U19, die sich auf den Re-Start in der B-und A-Junioren-Bundesliga vorbereiten, müssen auch die anderen RWE-Nachwuchsmannschaften während des Corona-Lockdowns für den jeweiligen Start in ihren Ligen fit gemacht werden. Udo Platzer ist dabei seit Saisonbeginn wieder für die U11 (früher E-Junioren) verantwortlich, nachdem er zuvor 20 Jahre lang die U15 sowie zwischenzeitlich die U16 trainiert hatte. Für Udo, der hauptberuflich als Qualitätsmanager in der Security-Branche tätig ist, schloss sich mit dem Wechsel des Teams ein Kreis.
"Nach so vielen Jahren bei der U15 musste für mich mal wieder ein Tapetenwechsel her", sagt Udo Platzer. Zusammen mit Sportdirektor Jörn Nowak, dem damaligen Nachwuchsleiter Enrico Schleinitz und Vereinslegende Dirk "Putsche" Helmig hatte er sich im letzten Frühjahr an einen Tisch gesetzt und über seine Zukunft bei RWE gesprochen. "Jede Altersklasse ist reizvoll, aber ich wollte nach einer so langen Zeit etwas anderes machen", so Platzer. Ein Posten in der Sportlichen Leitung kam für "Sir Alex" allerdings noch zu früh. "Für mich war wichtig, dass ich weiterhin auf den Platz stehe", betont der Vollblut-Trainer.
In 20 Jahren mit U15 niemals abgestiegen
Da es ab dieser Saison bei Rot-Weiss Essen keine U10 mehr gibt, sollte Udo mit der U11 einen Neuaufbau im Nachwuchsbereich gestalten. Bei seiner Vita wird klar, dass er genau der Richtige für diese Aufgabe ist. Udo betreut jetzt wieder Spieler, die in der Regel neu bei RWE sind und noch nicht über eine rot-weisse "DNA" verfügen.
Für die RWE-Verantwortlichen war wichtig, dass "Sir Alex" den Erstkontakt mit den Eltern und Spielern aufnimmt. "Ich war von der neuen Aufgabe sofort angetan", sagt Udo Platzer, der in den letzten Jahren mit seinen U15-Teams immer in der höchstmöglichen Liga spielte, sich auf Augenhöhe mit den Branchenriesen wie BVB, Schalke 04 oder Bayer 04 Leverkusen bewegte und nie abgestiegen war. "Dass wir uns gegen Fortuna Düsseldorf, den MSV Duisburg, Rot-Weiß Oberhausen und viele andere Vereine immer wieder durchsetzen konnten, erfüllt mich mit Stolz", sagt er im Rückblick.
Online-Trainingseinheiten in Corona-Zeiten
Dass in diesen Corona-Zeiten auch die Organisation von Online-Trainingseinheiten zu seinem Aufgabengebiet gehört, versteht sich von selbst. Unter den gebotenen Abstandsregeln trifft er sich mit seinen Trainerkollegen auf dem Rasenplatz und nimmt die Übungen per Video auf. An jedem Mittwoch wird das Material zwei Trainingsgruppen jeweils in einer Zoom-Konferenz online vorgestellt.
Damit der Spaß nicht auf der Strecke bleibt, werden zur Auflockerung kleine Challenges in das Trainingsprogramm integriert. So können die Nachwuchskicker beispielsweise Bonuspunkte sammeln, wenn sie unter Zeitdruck das RWE-Logo auf ein Blatt Papier malen oder sich beim Ballhochhalten hervortun. "Die Jungs sollen kreativ mitmachen. Wir wollen keine Spieler, die nur auf Kommandos der Trainer reagieren, sondern sollen selbst Entscheidungen treffen", sagt Udo Platzer.
Fördertraining gemeinsam mit "Putsche" Helmig
Außerdem leitet "Sir Alex" zusammen mit RWE-Jahrhundertspieler "Putsche" Helmig das Fördertraining. Torhüter Moritz Nicolas, den Udo Platzer einst vom VfB Hüls geholt hatte und der jetzt beim Zweitligisten VfL Osnabrück unter Vertrag steht, wurde unter seinen Fittichen zum Junioren-Nationalspieler ausgebildet. Auch Stürmer Ahmed Kutucu, der aktuell vom FC Schalke 04 an den niederländischen Erstligisten Heracles Almelo ausgeliehen ist, oder auch der heutige S04-Bundesligaprofi Levent Mercan sowie Kai Nakowitsch, der später den Sprung in die erste Mannschaft von Rot-Weiss Essen schaffen sollte und inzwischen für die SpVg Schonnebeck kickt, durchliefen schon früh Platzers Fußball-Schule.
Ein weiterer Baustein seines neuen Aufgabengebietes ist es, den Kontakt zu anderen Essener Vereinen zu halten und für eine möglichst gute Zusammenarbeit zu sorgen. So stellen sich – wenn es die Corona-Pandemie wieder erlaubt – einmal pro Woche externe U11- und U12-Mannschaften aus dem Essener Stadtgebiet an der Seumannstraße vor, um für den eigenen Nachwuchs gesichtet zu werden.
Treffen mit Daniel Heber am Neusser Bahnhof
Aus dem aktuellen Kader der ersten Mannschaft hatte einst Daniel Heber bei "Sir Alex" in der U15 angefangen. Das erste Treffen mit dem Abwehrspieler, das am Neusser Bahnhof stattfand, wird Udo wohl nie vergessen. "Ich hatte eine Info bekommen, dass dort ein guter Außenverteidiger spielt. Daniel, der damals noch sehr klein und schmächtig war, hatte ich trotz seiner eigentlich zu geringen Körpergröße zu uns in die U15 geholt. Was möglich ist, wenn man hart an sich arbeitet, kann man bei Daniel gut ablesen“, sagt Platzer.
"Sir Alex" weiß aber auch sehr gut, wovon er spricht. Dem gebürtigen Marler war während seiner aktiven Zeit selbst eine große sportliche Zukunft vorhergesagt worden. Von der C- bis zur A-Jugend spielte er im Nachwuchsbereich für den FC Schalke 04. Er kickte in der Westfalenauswahl zusammen mit dem späteren Bundesliga- und Nationalspieler Michael Rummenigge, der damals für Borussia Lippstadt (heute SV Lippstadt 08) am Ball war.
Nach einem schweren Autounfall war der Traum von einer möglichen Profikarriere für den pfeilschnellen Angreifer jedoch geplatzt. Danach wechselte Udo Platzer in die Oberliga, kickte unter anderem mit Stürmer Martin Max zusammen, der nach seiner Zeit beim FC Recklinghausen durchstartete und als Schalker "Eurofighter" sowie zweimaliger Bundesliga-Torschützenkönig unvergessen bleibt. Die Basis für eine solche Karriere möchte "Sir Alex" nun allen RWE-Nachwuchskickern in seiner neuen Funktion weiterhin ermöglichen.