3. März 2021
„Disziplin, Kampfgeist und Mut müssen stimmen“
RWE-Winterneuzugang Steven Lewerenz vor Wiedersehen mit seinem Ex-Klub.
110 Pflichtspiele, 30 Tore und 23 Vorlagen: Das ist die Bilanz von Steven Lewerenz im Trikot von Holstein Kiel. Der Winter-Zugang von Rot-Weiss Essen lief zwischen Juli 2015 und Januar 2019 für den heutigen Gegner im DFB-Pokal-Viertelfinale auf. Im Interview spricht der 29-jährige Offensivspieler über das Wiedersehen und seine ersten Wochen bei RWE.
Hallo Steven! Du bist jetzt seit einem Monat bei Rot-Weiss Essen. Wie gefällt es dir bisher an der Hafenstraße?
Die Verantwortlichen und die Mannschaft haben mich sehr gut aufgenommen. Amara Condé kannte ich schon aus einem gemeinsamen Jahr in Kiel, aber auch zu den anderen Mitspielern habe ich schnell Anschluss gefunden. Das Umfeld und die Infrastruktur ist deutlich mehr, als nur viertligatauglich. Abseits vom Fußball habe ich zum 1. März auch eine Wohnung in Essen gefunden. Vorher war ich in einer möblierten Wohnung in Duisburg untergekommen.
Dein Transfer zu RWE war am letzten Tag der Wechselfrist perfekt. Wie kurzfristig war dein Wechsel zustande gekommen?
Wir waren schon im Sommer in Kontakt, ein Wechsel hatte sich damals allerdings noch nicht ergeben. So war zumindest das Interesse nicht grundsätzlich neu. Kurz vor dem Ende der Wechselfrist im Winter hat es dann für beide Seiten gepasst. Bei RWE ist in letzter Zeit hervorragende Arbeit geleistet worden. Der Einzug ins DFB-Pokal-Viertelfinale und über den Zeitraum eines Jahres in der Regionalliga West nicht verloren zu haben, unterstreicht das. Ich bin glücklich darüber, nun ein Teil davon zu sein und will das Vertrauen zurückzahlen. Der Aufstieg in die 3. Liga steht für uns über allem.
Für Deinen vorherigen Verein FC Viktoria Köln warst Du zuletzt Ende Juni im Einsatz. Wie bist du mit der Situation umgegangen?
Die Verantwortlichen der Viktoria hatten sich nach einem halben Jahr Zusammenarbeit dafür entschieden, künftig auf andere Spielertypen zu setzen. Natürlich war es für mich nicht einfach. Als Spieler willst du so oft wie möglich auf dem Feld stehen. Ich habe die Entscheidung der Verantwortlichen aber akzeptiert. Der Fußball ist ein schnelllebiges Geschäft. Ich habe daraufhin eineinhalb Monate beim Südwest-Regionalligisten VfR Aalen mittrainiert. Den dortigen Trainer Roland Seitz kannte ich noch aus unserer gemeinsamen Zeit bei Eintracht Trier. Außerdem war ich so mit meiner Frau in der Nähe von Stuttgart, wo ihre Familie lebt. Keine Frage: Durch die lange Pause musste ich in den letzten Wochen einiges aufholen. Bei RWE tun wir jetzt aber alles dafür, dass ich so schnell wie möglich wieder bei 100 Prozent bin.
Mit Österreich und Belgien hattest Du während Deiner Laufbahn bislang auch schon zwei Auslandsstationen. Welche Erinnerungen hast du daran?
Ich habe mich vor allem in Österreich sehr wohl gefühlt: Tolle Landschaft, gutes Essen. Als gerade einmal 19-Jähriger in einem anderen Land zu spielen, war eine schöne Erfahrung. In Belgien hatte ich dagegen die vielleicht schwierigste Zeit meiner Karriere. Bei Royal Excelsior Virton hatte ich mit Dino Toppmöller einen deutschsprachigen Trainer. Sonst war die Kommunikation innerhalb des Vereins aber selbst auf Englisch schwierig. Sportlich lief es für mich nicht gut. Hinzu kam noch, dass das Gehalt durch die finanziellen Probleme des Vereins nur unzuverlässig kam. Daher fiel bei mir dann recht schnell die Entscheidung, nach einem halben Jahr wieder nach Deutschland zurückzukehren.
Unser Pokal-Gegner Holstein Kiel war mit dreieinhalb Jahren Deine bislang längste Station. War es denn auch die schönste?
Wir haben auf jeden Fall gemeinsam viel erreicht. Wir sind in die 2. Liga aufgestiegen, haben schon ein Jahr darauf an der Relegation zur Bundesliga teilgenommen. Zwischen der Mannschaft und dem Trainerteam um Markus Anfang, der später zum 1. FC Köln gewechselt war und inzwischen Darmstadt 98 betreut, hatte es einfach gepasst. Wir hatten eine tolle Truppe. Ich kann also absolut sagen, dass ich in Kiel meine bislang schönste Zeit hatte.
Hatte Dich die Niederlage in der Relegation zur Bundesliga gegen den VfL Wolfsburg noch lange beschäftigt?
Ich habe mich schon zwei, drei Wochen danach immer noch geärgert. Das war eine vielleicht einmalige Möglichkeit. In meiner Karriere habe ich schon in der Regionalliga, 3. Liga und 2. Bundesliga gespielt. Da wäre die Bundesliga das i-Tüpfelchen gewesen.
Hast du noch regelmäßigen Kontakt zu ehemaligen Mitspielern aus Kiel?
Mit Dominik Reimann, Hauke Wahl, Stefan Thesker, Johannes van den Bergh, Jannik Dehm, Jonas Meffert, Alexander Mühling, Jae-sung Lee, Noah Awuku, Janni Serra und Benjamin Girth habe ich aus dem aktuellen KSV-Kader noch mit elf Akteuren selbst zusammengespielt. Hin und wieder schreibt man sich. Ich freue mich darauf, die Jungs wiederzusehen. Holstein Kiel hatte ich mir insgeheim als nächsten Pokalgegner gewünscht. Entsprechend groß ist die Vorfreude.
Nun bringst Du Deine Stärken aber bei RWE ein. Auf was dürfen sich die Fans bei Dir freuen?
Ich habe in den letzten Jahren überwiegend auf der linken offensiven Seite gespielt. Durch meinen etwas stärkeren rechten Fuß habe ich dort die Möglichkeit, nach innen zu ziehen und selbst den Weg zum Tor zu suchen. Rechts habe ich bei Holstein Kiel unter dem ehemaligen RWE-Trainer Karsten Neitzel aber auch schon gespielt. Eine bevorzugte Seite habe ich nicht. Im Fokus steht, dass ich der Mannschaft helfen kann. Gerne auch mit Toren oder Vorlagen.
Drei ambitionierte Profiklubs sind an der Hafenstraße schon ausgeschieden. Wie wollt Ihr gegen Deinen Ex-Verein für die nächste Überraschung sorgen?
Wir sollten uns da an den bisherigen Pokalspielen orientieren. Das bedeutet: Disziplin, Kampfgeist und Mut müssen stimmen. Dass wir mit Holstein Kiel nun auf einen Zweitligisten treffen, bedeutet nicht, dass von uns weniger gefordert sein wird als beispielsweise gegen Bayer 04 Leverkusen. Ganz im Gegenteil. Holstein hat Rekordpokalsieger FC Bayern München rausgeworfen, in der 2. Bundesliga sieht es in Sachen Aufstieg gut aus. Wir gehen daher als klarer Außenseiter in die Partie. Klar ist aber auch: Wenn wir schon im Viertelfinale stehen, dann wollen wir auch gerne noch weiterkommen.