17. März 2021
„Habe Rot-Weiss in mein Herz geschlossen“


RWE-Flügelstürmer Oguzhan Kefkir im Interview vor Top-Spiel gegen Ex-Klub BVB U23.
RWE-Flügelflitzer Ogzuhan "Ötzi" Kefkir kennt sich mit Aufstiegen aus. Der 29-Jährige, der während seiner Karriere auch schon für unseren heutigen Gast Borussia Dortmund II aufgelaufen war, schaffte mit dem KFC Uerdingen 05 den Durchmarsch von der Oberliga bis in die 3. Liga. Den Sprung in die dritthöchste deutsche Spielklasse will der in Wuppertal geborene Angreifer nun auch mit RWE in zweiten Anlauf schaffen. Vor der Partie gegen seinen Ex-Klub sprachen wir mit Kefkir, der in dieser Spielzeit vier Treffer und sechs Vorlagen sowie zwei Tore im DFB-Pokal zum guten Gesamtergebnis beitragen konnte.
Hallo "Ötzi"! Für Dich ist das Spitzenspiel gegen den BVB II auch eine Reise in die eigene Vergangenheit. Welche Erinnerungen verbindest Du mit Deiner Zeit bei den Schwarz-Gelben?
Ich hatte beim BVB unter den Trainern David Wagner und Daniel Farke eine sehr gute und erfolgreiche Zeit. Im Top-Spiel gegen den BVB geht es jetzt für beide Teams um etwas ganz Großes, was ein geiles Gefühl ist. Der BVB hat mich 2015 zurückgeholt, da mein Wechsel zum türkischen Zweitligisten Adana Demirspor damals kurzfristig gescheitert war. Ich hatte die Sommervorbereitung in der Türkei mitgemacht, zwei Wochen vor dem Ligastart wurde mir jedoch mitgeteilt, dass mein Vertrag nur mit finanziellen Abstrichen zustande kommen würde. Dazu war ich nicht bereit und musste mich anderweitig umschauen. Dass ich zum BVB zurückkehren konnte, war nicht selbstverständlich.
Eine zweite Mannschaft soll möglichst Talente an den Profikader heranführen. Ist es auch beim BVB so, dass die Ausbildung Priorität vor den Ergebnissen genießt?
Zu meiner Zeit wurde beim BVB sehr viel auf die Nachwuchsteams geschaut. Es war keine Seltenheit, dass Jürgen Klopp und viele BVB-Profis die Spiele der U23 auf der Tribüne verfolgten. Wenn die Leistung gestimmt hatte, wurde man zum Training der Profis hochgezogen. Ich durfte während der Wintervorbereitung ein Testspiel bei den Profis absolvieren, war unter Klopp und später bei Thomas Tuchel auch im Training dabei. Auch jetzt dürfte die Ausbildung im Vordergrund stehen. Dennoch wird sich beim BVB niemand gegen weitere positive Ergebnisse und einen möglichen Aufstieg der U 23 wehren. Das Team wird gegen uns hochmotiviert sein.
Wie schätzt du den aktuellen Tabellenführer ein?
Die U 23 des BVB ist qualitativ sehr gut besetzt, hat bisher nie lockergelassen und ist unser größter Mitkonkurrent um den Aufstieg. Ich erwarte ein packendes Spiel mit eher wenigen Torchancen. Wer seine Chancen besser nutzen wird, geht als Gewinner vom Platz. Nur schade, dass auch diese Partie ohne Zuschauer stattfinden wird.
Könnte in Sachen Meisterschaft bereits eine Vorentscheidung fallen?
Wir können mit einem Sieg einen großen Schritt nach vorne machen und den Gewinn der Meisterschaft in der eigenen Hand behalten. Das ist unser großes Ziel. Entschieden wird aber – völlig unabhängig vom Ausgang der Partie – mit Sicherheit noch nichts. Es wird weiterhin ein packendes Rennen bleiben. Vielleicht sogar bis zum letzten Spieltag.
Worauf wird es ankommen, um die gute Ausgangssituation bis zum Saisonende zu verteidigen?
Ich kenne die Situation ganz gut, habe es beim KFC Uerdingen 05 hautnah miterlebt. Damals hatten wir uns mit dem FC Viktoria Köln ebenfalls ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert. Man darf im Aufstiegsrennen nicht die Geduld verlieren und muss seine Hausaufgaben erledigen. Wir sind aktuell in der Rolle des Jägers, wollen nach dem heutigen Spiel wieder der Gejagte sein. Uns muss klar sein, dass bis zum Saisonende jeder Gegner gegen uns das Spiel seines Lebens machen will. Wir müssen deshalb fokussiert bleiben, unser Ding durchziehen und darauf vorbereitet sein.
Wegen eines positiven Corona-Tests musstest Du zwischenzeitlich eine Zwangspause einlegen. Wie hast Du die Zeit während der Quarantäne erlebt?
Als ich mein Testergebnis bekam, war ich schon überrascht, weil ich keine Symptome hatte. Während der gesamten zehntägigen Quarantäne blieb dies zum Glück auch so. Ich stand im dauerhaften Austausch mit dem Trainerteam und unserer medizinischen Abteilung. Außerdem konnte ich meiner Frau zu Hause unter die Arme greifen. (lacht) Dass ich dann nach nur zweieinhalb Trainingseinheiten im DFB-Pokal-Viertelfinale gegen Holstein Kiel auf Anhieb wieder in der Startelf stand, hat mich ganz besonders gefreut. Damit hatten wohl die wenigsten gerechnet. Schade, dass es nicht zum Weiterkommen gereicht hat, denn es war mehr für uns drin. Dennoch können wir stolz auf das Erreichte sein.
Was bleibt nach der sensationellen Pokalreise für Dich persönlich vor allem in Erinnerung?
Was nach unseren Partien gegen Arminia Bielefeld, Fortuna Düsseldorf und gegen Bayer 04 Leverkusen in der Stadt los war, werde ich nie vergessen. Die Reaktionen der Fans, beispielsweise in den sozialen Medien, waren einzigartig. Umso bitterer, dass unsere Anhänger diese Höhepunkte wegen der Corona-Pandemie nicht im Stadion erleben konnten. Meine beiden Tore gegen Düsseldorf und Leverkusen werden für mich ebenfalls für immer in Erinnerung bleiben. Ich hatte schon zuvor im DFB-Pokal gespielt, war aber noch nie so weit gekommen. Als Underdog so große Erfolge zu feiern, waren die bisherigen Highlights in meiner Fußballerkarriere. Solche Momente kann man sich nicht kaufen, sondern muss sie erleben. Der DFB-Pokal ist jetzt aber abgehakt. Wir konzentrieren uns voll auf die Liga.
Nur vier Tage nach dem 0:1 beim SC Preußen Münster steht gegen den BVB das nächste Spitzenspiel an. Auch danach geht es mit einer weiteren englischen Woche Schlag auf Schlag weiter. Wie sah Deine persönliche Vorbereitung aus?
Gut schlafen, gut essen und gut trainieren. Diese drei Aspekte stehen für mich im Vordergrund. Wenn ich vom Training komme, lenke ich mich privat gerne ab, schaue mit meiner Frau Filme oder besuche die Familie. Wichtig ist, dass ich in dieser Phase vom Fußball abschalten kann, um bei der Rückkehr auf dem Platz einen klaren Kopf zu haben.
Wie zufrieden bist Du insgesamt bislang mit Deinen Leistungen in dieser Saison?
Zu Saisonbeginn lief es für mich nicht ganz so gut. Die Formkurve ging aber stetig nach oben. Der eine oder andere Treffer sowie die eine oder andere Torvorlage hätten es noch mehr sein können. Das soll und wird von mir aber noch kommen. Dafür wurde ich auch geholt. Grundsätzlich bin ich vor allem deshalb zufrieden, weil wir erfolgreichen Fußball spielen. Daran wollen wir jetzt anknüpfen.
Welche Erwartungen hast Du persönlich an Dich gestellt und wie sieht es in Sachen Vertragsverlängerung aus?
Ich fühle mich bei RWE wohl, habe den Wunsch, langfristig an der Hafenstraße zu bleiben. Rot-Weiss Essen ist ein Verein, den ich in mein Herz geschlossen habe. Ich würde mich riesig freuen, wenn es für mich bei RWE weitergeht.
Zum Abschluss zurück zum Duell mit dem BVB: Warum wird es kein Unentschieden wie im Hinspiel geben?
Weil wir auf Sieg spielen. (lacht) Ich wäre mit einem Unentschieden auch nicht zufrieden.