1. Februar 2022

RWE wird 115!

Zum Vereinsgeburtstag ein Blick in die Geschichte: Von wilden rot-weissen Anfangsjahren.

RWE wird 115! – Rot-Weiss Essen
Georg Melches (obere Reihe erster von links) und Hermann Melches (obere Reihe dritter von rechts) in der Mannschaft vom Turnerbund Bergeborbeck.

Am 1. Februar feiert Rot-Weiss Essen seinen 115. Vereinsgeburtstag. Anlass genug für Vereinshistoriker Georg Schrepper, in die Historie der Namensgebung zu blicken. „Rot-Weiss Essen“ gibt es schließlich erst seit 1923 und man hätte auch auf die Gründung des Vorläufervereins Spiel und Sport 1912 vor 110 Jahren zurückblicken können. Doch auch dieser Name hat seine Geschichte und wurde erst 1921 amtlich. Anlässlich des rot-weissen Ehrentags schaut der ehrenamtliche Vereinsexperte Schrepper auf die Anfangsjahre und die nicht ganz einfach zu klärenden Namensgebungen zurück. Am Ende aber steht: Nur der RWE!

Gründungslegenden

Die Einzelheiten der Gründung von Rot-Weiss Essen lassen sich nicht mehr ganz genau nachvollziehen. Die Quellenlage ist durchaus widersprüchlich, jedoch hat Uwe Wick, gemeinsam mit Georg Schrepper (Anm.: Autor dieses Artikels) im Buch „An der Hafenstraße RWE“ darauf hingewíesen, dass die Quelle aus den ersten beiden Vereinzeitschriften von Rot-Weiss Essen des Jahres 1925 deutlich glaubhafter ist, als die Ausführungen in der Festschrift von 1957. Überschrieben sind die zeitlich früher geschriebenen Erinnerungen von Mitgründer Karls Utzat, der in direkter Nachbarschaft zu Georg Melches wohnte, mit dem Titel: „Aus der Urgeschichte des Vogelheimer Fußballs“.

Sicher ist demnach, dass ein Fußball als Weihnachtsgeschenk 1905 oder 1906 den Anlass für Georg Melches und seinen Bruder Hermann bildete, regelmäßig mit Freunden zu kicken und daraus der Wunsch entstand, einen richtigen Verein zu gründen. Utzat schreibt: „Der Ball selbst war die Hauptsache, das andere fand sich von selbst: Spieler, mehr als nötig waren, an Platz fehlte es auch nicht. Die ersten Wettkämpfe fanden zwischen Straßen- und Gartentor auf Melches-Hof statt. Des Weiteren zwischen Bäumen und Sträuchern der Zehenwiesen. Zusehendes Alter und wachsende Lebenskenntnis hießen uns einen Namen wählen, Sportverein Vogelheim. (…) Unser Vereinslokal war Melches Waschküche. Wenn die im Winter mollig geheizt war, versammelten wir uns jeden Abend.“

Über den „wilden“ Klub SV Vogelheim – die nicht amtlich registrierte lose Spielgemeinschaft von Jugendlichen um den 14-jährigen Georg Melches – und ab 1910 eine kurze Etappe als 2. Mannschaft des Turnerbundes Bergeborbeck – gelang 1913 endlich die eigenständige Aufnahme in den Westdeutschen Spielverband sowie die Teilnahme am Spielbetrieb in der untersten Klasse. In den Amtlichen Mitteilungen der Zeitschrift Fußball und Leichtathletik des Westdeutschen Spielverbandes erschien über die Neuaufnahme am 18.09.1913 folgende kurze Mitteilung:

„Spiel und Sportverein Emscher, Vogelheim, Heinrich Melches, Vogelheim bei Bergeborbeck, Emscherstraße 74, 26 Mitglieder; dunkelroter Jersey mit weißer Schärpe und weißer Hose.“ An dieser Adresse stand das Haus der Familie Melches. Ab 1915 hieß sie Vogelheimerstraße, seit 1936 heißt sie Hafenstraße.

Erster eingetragener Vereinsname

Als Spiel- und Sportverein Emscher spielten Georg Melches und seine Freunde also nun im lokalen Meisterschaftsspielbetrieb. Als man 1920 an die heutige Hafenstraße wechselte suchte man zur Platzeinweihung einen starken Gegner und bot Fahrtenentschädigung oder ein Rückspiel an. Außerdem verwies man auf die zentrale Lage („3 Minuten vom Bahnhof Bergeborbeck gelegen“) hin.

Knapp ein Jahr später ließ sich der Verein am 19.02.1921 unter leicht verändertem Namen ins Vereinsregister beim Amtsgericht Borbeck eintragen: Nun hieß er „Spiel und Sport 1912, Essen Bergeborbeck“. Auf den Trikots wurde der Name abgekürzt „SuS 12“.

1923: Rot-Weiss Essen

Wahrscheinlich waren die Auseinandersetzungen zwischen Turnen und Sport um die sogenannte Reinliche Scheidung – in ganz Deutschland mussten sich die Vereine entscheiden, ob sie beim Deutschen Turner Bund, dem katholischen Sportverband DJK oder im „bürgerlichen“ DFB am Spielbetrieb teilnehmen wollten – dafür verantwortlich, dass die stärksten Spieler des benachbarten Turnerbund Bergeborbeck im Frühsommer 1923 verließen. Sie schlossen sich Spiel und Sport 1912, Essen Bergeborbeck an. Daraus entstand der neue Großverein Rot-Weiss Essen, der im Dezember des gleichen Jahres zum ersten Mal unter diesem Namen an Meisterschaftsspielen teilnahm.

In den späteren im Vereinsregister niedergelegten Vereinssatzungen wechselte als Gründungsdatum lange Zeit der 26. Dezember 1906 und der 1. Februar 1907. Also die beiden Daten, an denen der Ball auf dem Weihnachtsgabentisch lag oder er angeblich zum ersten Mal so richtig zum Einsatz kam. Der Vorstand von Rot-Weiss Essen ernannte auf seiner Sitzung am 13. August 1932 Georg Melches und Kassierer August Schmitz zu Ehrenmitgliedern. Auf eine Feier zum 20-jährigen Bestehen wurde wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage im Zuge der Weltwirtschaftskrise verzichtet. Zu Beginn der Saison 1937/38 feierte RWE dann sein 30-jähriges Bestehen mit einer Festwoche.

Zum ersten Mal wurde damit das Jahr 1907 als Gründungsdatum gewählt. Sportliche Höhepunkte des bunten Programms am „Platz an der Hafenstraße“ waren zwei Freundschaftsspiele gegen klassenhöhere Vereine aus der Gauliga Niederrhein und der Gauliga Westfalen. Das Aufeinandertreffen mit Westfalia Herne endete unentschieden 0:0, Hamborn 07 wurde mit 4:0 bezwungen, Am Ende der Saison gewann die Mannschaft von der Hafenstraße mit fünf Punkten Vorsprung die Meisterschaft. In der folgenden Aufstiegsrunde zur damals höchsten deutschen Spielklasse blieben die Gegner chancenlos. Die makellose Bilanz von RWE lautete vier Siege in vier Spielen. Damit war Rot-Weiss Essen zum ersten Mal in die Gauliga aufgestiegen.

Die Schreibweise des Vereins hieß in Großbuchstaben immer schon ROT-WEISS ESSEN. Seit Anfang den 2000er Jahren schreibt sich der Verein nun allgemein Rot-Weiss Essen und ist heute so auch als Marke eingetragen.

Ein Beitrag vom ehrenamtlichen RWE-Vereinshistoriker Georg Schreppper.

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