19. Juli 2022
3. Liga-Gegnercheck: 630 Kilometer zum Traditionsduell


Rot-Weiss Essen stellt im „3. Liga-Gegnercheck“ auf der Homepage bis zum Saisonstart alle aktuellen Drittligisten vor. Heute im Portrait Aufstiegsaspirant TSV 1860 München.
Eine der weitesten Auswärtsfahrten der Saison wartet auf Rot-Weiss Essen zum Abschluss des Pflichtspieljahres 2022 Mitte November. Bevor es in die lange WM-Pause geht, tritt RWE zum Traditionsduell beim TSV 1860 München im Rahmen des 17. Spieltages an. Rund 630 Kilometer sind es von Essen bis in die bayerische Landeshauptstadt.
Einfach, die drei Punkte von der Grünwalder Straße mit auf die lange Heimfahrt ins Ruhrgebiet zu nehmen, wird es wohl nicht. Die Meinung der Experten ist da ziemlich eindeutig. Die „Löwen“ aus München sind der Top-Favorit auf den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Das ist auch das Ergebnis der traditionellen DFB.de-Umfrage unter den 20 Trainern vor dem Saisonstart. Während 1860-Trainer Michael Köllner die Aufstiegsambitionen auch recht offensiv formuliert, werden die „Löwen“ von 18 seiner 19 Trainerkollegen zumindest zum Favoritenkreis gezählt. Es folgen die Zweitliga-Absteiger Dynamo Dresden (18 Stimmen), FC Ingolstadt 04 (14) und FC Erzgebirge Aue (12) sowie der 1. FC Saarbrücken und der SV Waldhof Mannheim (mit Ex-RWE-Trainer Christian Neidhart), die ebenfalls jeweils zwölf Stimmen auf sich vereinigen konnten, auf den Plätzen.
Der 52-jährige Michael Köllner, der bereits seit November 2019 im Amt ist, erwartet aber einen harten Kampf um die Spitzenpositionen. „Ich rechne wieder mit vielen Mannschaften, die um den Aufstieg mitspielen werden“, sagt er. „Favoriten sind sicher alle drei Absteiger FC Erzgebirge Aue, Dynamo Dresden und FC Ingolstadt 04. Sie verfügen über außerordentliche wirtschaftliche Möglichkeiten. Dazu gehören aus meiner Sicht der SV Waldhof Mannheim, der 1. FC Saarbrücken, der SV Wehen Wiesbaden und der VfL Osnabrück zum Favoritenkreis. Alle vier Vereine haben sich toll verstärkt und werden ohne Wenn und Aber starke Teams auf das Feld schicken.“
Mit Blick auf sein Team meint Köllner, der seit dieser Saison von Ex-Profi Stefan Reisinger (früher unter anderem Fortuna Düsseldorf und KFC Uerdingen 05) als Co-Trainer unterstützt wird: „Auch meine Mannschaft wird sich sicherlich in diese Aufzählung einreihen. Ergo sind acht Vereine in einer gewissen Favoritenrolle. Hinzu kommt auf jeden Fall noch ein Team, das bislang nur wenige auf dem Zettel haben. Der Wunsch unseres gesamten Klubs ist der Aufstieg in die 2. Bundesliga. Wir wollen alles dafür tun, damit dieser Wunsch in Erfüllung geht. Es wird ein schwieriges Unterfangen, aber wir freuen uns sehr auf diese Herausforderung.“
Der TSV 1860, einst Gründungsmitglied der Bundesliga, geht die Herausforderung ohne einen ehemaligen Rot-Weiss-Spieler an, bei dem sich die RWE-Fans sicher über ein Wiedersehen auf dem Platz gefreut hätten. Der gebürtige Essener Sascha Mölders war von 2016 bis Dezember 2021 für die „Löwen“ am Ball, überzeugte lange als Torjäger, Kapitän und Leistungsträger. Doch dann ging die Beziehung zum TSV 1860 „in die Brüche“. Es folgte zunächst der Transfer zur SG Sonnenhof Großaspach in die Regionalliga Südwest und schließlich – nach dem Abstieg der SGS in die Oberliga – vor wenigen Wochen der Wechsel als Spielertrainer zum TSV 1882 Landsberg in die fünftklassige Bayernliga Süd.
Noch in der Spielzeit 2021/2022 war Sascha Mölders mit 22 Treffern nicht nur der älteste Torschützenkönig (im Alter von 36 Jahren) der 3. Liga, sondern auch der „Spieler der Saison“. Der TSV 1860 verpasste nur knapp die ersehnte Rückkehr in die 2. Bundesliga.
Trotz des unschönen Abschieds: Familienvater Mölders genießt – wie auch bei fast allen anderen seiner Ex-Klubs – in München nach wie vor Kultstatus. „Ich habe mir immer ganz bewusst Vereine ausgesucht, die besonders emotional sind“, so der Stürmer. „Das war bei Rot-Weiss Essen, beim MSV Duisburg und beim FC Augsburg so und war bei den „Löwen“ nicht anders. Die Leute merken schnell, ob man auf dem Platz alles für einen Verein gibt“, so die selbsternannte „Wampe von Giesing“.
Alles geben müssen die ehemaligen Teamkollegen von Mölders gleich zum Auftakt. Gegner der „Löwen“ am 1. Spieltag (Samstag, 23. Juli, 14 Uhr) ist mit Gastgeber Dynamo Dresden der von den Experten auserkorene Co-Favorit auf den Aufstieg. Dabei wäre es keine Überraschung, wenn 1860-Trainer Michael Köllner gleich mehrere Neuzugänge in seine Startformation beordern wird.
Schließlich waren die Münchner auf dem Transfermarkt äußerst aktiv, holten unter anderem den Ex-Münsteraner Martin Kobylanski von Zweitliga-Aufsteiger Eintracht Braunschweig, den früheren Dortmunder Joseph Boyamba und Abwehrspieler Jesper Verlaat vom SV Waldhof Mannheim, Rechtsverteidiger Christopher Lannert vom SC Verl, Stürmer Meris Skenderovic vom 1. FC Schweinfurt 05 sowie Tim Rieder und Albion Vrenezi von Zwangsabsteiger Türkgücü München. Sie alle sollen helfen, den zuletzt 2017 aus der 2. Bundesliga abgestiegenen (und damals gleich in die Regionalliga Bayern durchgereichten) Traditionsklub zurück in das Unterhaus des deutschen Profifußballs zu führen.