8. September 2022

„Bremer Brücke“ unter Flutlicht

Duellcheck: Tabellennachbarn treffen Freitagabend aufeinander.

RWE trifft am Freitag auf den VfL Osnabrück
Zielsetzung: Wieder unter Flutlicht jubeln – wie hier Felix Götze (l.), Felix Bastians (mi.) und Jose Enrique Rios Alonso. (Foto: Höft / Frontalvision)

Endlich ist der Knoten geplatzt! Mit einer Kampfleistung triumphierte Rot-Weiss Essen am Freitagabend gegen den FC Erzgebirge Aue – 2:1 am Ende, der erste Dreier für Mannschaftskapitän Daniel Heber und sein Team ist im Sack. Auch für den VfL Osnabrück, RWE-Gegner des 8. Spieltags, sah es lange Zeit so aus, als würde das vergangene Wochenende für Partystimmung sorgen. Nord-Regionalliga-Aufsteiger VfB Oldenburg gab allerdings ausgerechnet im Niedersachsen-Derby den Crasher, machte aus 1:3 ein 4:3. Statt „Sause-Feiern“, wurde Trübsal geblasen. Die letzten sechs Liga-Duelle gingen schließlich allesamt nicht gewonnen. Die Stimmung ist vor der Partie am Freitagabend, 19.00 Uhr, bei den Tabellennachbarn entsprechend denkbar unterschiedlich.

Die Ausgangslage:

„Siege sind Balsam für die Seele“, stellte RWE-Chef-Trainer Christoph Dabrowski Tage nach dem Erfolg über Erzgebirge Aue noch einmal heraus. Ganze drei Spiele in Folge schreitet der Rot-Weis-Tross nach 2:2 gegen Ingolstadt und 1:1 in Bayreuth nun schon ungeschlagen voran. Der Blick beim 44-jährigen Ex-Profi und seinem Team geht jetzt, nach dem von Felix Bastians und Jose Enrique Rios Alonso herbeigebrachten Sieg vor Augen von 16.070 Zuschauern, nach vorn.

Dabrowski warnt, den anstehenden Gegner nicht zu unterschätzen. Man habe an der Hafenstraße allerdings auch das Potenzial, die Lila-Weißen zu schlagen, so der Coach. Etwa Simon Engelmann zählt mit fünf Scorerpunkten aus sieben Spielen zu den gefährlichsten Spielern der Liga. In Aue war der 33-jährige Routinier, der selbst aus der Nähe von Osnabrück stammt, an beiden Tor-Situationen entscheidend beteiligt. Souveräne Debüts lieferten auch Außenbahnspieler Andreas Wiegel und Mittelfeld-Ass Felix Götze ab. Später in der Partie steuerte Hertha-Leihgabe Luca Wollschläger seinen Teil zum Dreier bei.

"Bremer Brücke" unter Flutlicht – Rot-Weiss Essen
Gegen Erzgebirge Aue leistete Simon Engelmann abermals einen wichtigen Teil zum Sieg. (Foto: Endberg)

Ob das RWE-Trainerteam plant, Veränderungen an der Mannschaft vorzunehmen, wollten die Rot-Weissen vor dem „Brücken“-Gastspiel noch nicht verraten. Einzig so viel gab Dabrowski auf der Pressekonferenz am Mittwoch bekannt: Die Mannschaft wird grundsätzlich auf den Gegner eingestellt. Inwiefern das im Duell mit Osnabrück notwendig sind, ließ „Dabro“ offen.

Wieder zählen darf Rot-Weiss auf Moritz Römling. Die Bundesliga-Leihgabe vom VfL Bochum kehrt nach Gelb-Rot-Sperre wieder in den Kader zurück. Weiterhin fehlen Thomas Eisfeld und Michel Niemeyer.

Der Gegner:

Nein, so recht Ruhe will beim VfL nicht reinkommen. Der Klub, bei dem Ex-RWE-Vorstand Prof. Dr. Michael Welling die Geschicke leitet, musste gleich zu Beginn des Fußballjahres und somit zu unüblichem Zeitpunkt einen Trainerwechsel hinnehmen. Nicht weil man wollte, vielmehr bedauerten die mit drei Niederlagen und drei Remis derzeit fünftzehntplatzierten Niedersachsen den Abgang von Daniel Scherning zum Zweitligisten Arminia Bielefeld nach vier Spieltagen. „Wir hatten einen offenen Austausch“, berichtet VfL-Sportdirektor Amir Shapourzadeh in der Mitteilung zum Abgang des 38-jährigen Ostwestfalens und weiter: „Gleichzeitig hätten wir auch gerne die im vergangenen Sommer erfolgreich begonnene Zusammenarbeit fortgesetzt, sodass wir erst nach intensiver Abwägung unter Einbeziehung Gremienvertretern dem Wechsel zugestimmt haben.“

"Bremer Brücke" unter Flutlicht – Rot-Weiss Essen
Die Osnabrücker Mannschaft der Saison 2022/23. (Foto: VfL Osnabrück)

Scherning hatte Osnabrück übernommen, nachdem der Klub 2020/21 denkbar knapp als Tabellensechzehnter aus der 2. Bundesliga abgestiegen war. Nur ein Punkt mehr und das rettende Ufer wäre erreicht gewesen. Noch bitterer verlief dann die Relegation: Insgesamt unterlagen die lila Farben dem heutigen Drittligisten FC Ingolstadt 3:4. Die vergangene Drittliga-Saison schloss der VfL auf dem sechsten Tabellenplatz ab.

Doch Schluss mit Vergangenheit, im Fußball zählt die Gegenwart: Nachdem interimsweise Co-Coach Tim Danneberg das Ruder an der „Bremer Brücke“ übernommen hatte, trockneten die Lettern eines bekannten Namens auf einem VfL-Arbeitspapier. Ein „Schweinsteiger“ übernahm die von Routinier Marc Heider (36 Jahre alt / 230 Pflichtspieleinsätze für Osnabrück) auf das Spielfeld geführte Mannschaft.

Fußball-Lehrer Tobias, Bruder von Weltmeister Bastian, ist jetzt Chef-Trainer in Niedersachsen. „In den Gesprächen, die wir mit Tobias Schweinsteiger sowohl digital als auch persönlich in verschiedenen Konstellationen geführt haben, wurde schnell klar, dass unsere Spielidee sehr gut zu seiner eigenen Vorstellung von Fußball passt. Auch menschlich hat er uns absolut überzeugt, er passt hervorragend zum VfL und an die Bremer Brücke“, freute sich Sportchef Shapourzadeh nach dem Wechsel des 40-jährigen Bayerns, der zuvor zwei Jahre Robert Klauß beim 1. FC Nürnberg assistierte. Davor war Schweinsteiger unter anderem Co-Trainer beim FC Bayern München II. Hier traf er auf RWE-Mittelfeld-Ass Felix Götze.

Und in Schweinsteigers Reihen tanzt noch ein Spieler, dessen Namen der geneigte Fußballfan kennen dürfte. Robert Tesche wechselte im Sommer vom Bundesligisten VfL Bochum an die Landesgrenze Niedersachsens zu Nordrhein-Westfalens. Der 35-jährige Mittelfeld-Routinier feierte gegen den VfB Oldenburg seine Torpremiere und stand bislang in jeder möglichen Drittliga-Spielminute auf dem Fußballfeld. Tesche kommt in seiner Karriere auf 136 Bundesliga- und 107 Zweitliga-Spiele. Mit Rot-Weiss-Spezialist Felix Bastians teilte sich Tesche einst in der von Herbert Grönemeyer besungenen Ruhrgebiets-Metropole Bochum die Vereinsfarben.

Bester Torschütze der Osnabrücker ist übrigens ein für RWE-Fans Altbekannter – auch wenn diese Erinnerung nicht allzu positive Emotionen hervorrufen dürfte. Ba-Muaka Simakala erzielte in dieser Saison drei Treffer, zwischen 2020 und 2021 war der Rheinländer für den SV Rödinghausen auf Torejagd. Mit einem zugegeben sehenswertem Freistoßerfolg luchste der 25-jährige Angreifer RWE beim 1:1 am 07. April 2021 zwei Punkte ab, die Essen seinerzeit im Aufstiegszweikampf mit Borussia Dortmunds U23 essenziell geholfen hätten. Für dieses „Partycrashen“, dürfte sich Essen wohl am Freitagabend revanchieren wollen.

Vorherige Duelle:

Osnabrück und Rot-Weiss Essen trafen zuletzt in der Regionalliga aufeinander. Wer an vergangene West-Zeiten denkt, der täuscht. In der drittklassigen Regionalliga-Nord spielten beide Traditionsklubs letztmals gegeneinander – um genauer zu sein der Saison 2005/06. Dank Doppelpacks von Arie van Lent sowie Danko Boskovic siegte Essen deutlich 4:1.

Wer den letzten Osnabrücker Sieg in den Geschichtsbüchern sucht, muss noch weiter zurückblättern. Am 16. Mai 2003 siegten die gewannen 1:3 im Nord-Regionalliga-Spitzenspiel. Essens Erinnerung daran dürfte besonders bitter sein, schließlich verdrängte Aue das Hafenstraßen-Team tags drauf von einem Aufstiegsplatz in die 2. Bundesliga. Der Sprung in die Zweitklassigkeit gelang Rot-Weiss dann schließlich ein Jahr später.

Die Gesamtbilanz spricht bei 13 RWE-Siegen, 11 Remis und 11 VfL-Siegen leicht für das Team aus dem Ruhrgebiet.

Das Wetter:

Für den Abend sind in Osnabrück leichte Regenschauer bei 17 Grad Celsius angesagt.

Das Stadion:

Die „Bremer Brücke“ ist seit über 80 Jahren Heimat des VfL Osnabrücks. In die Traditionsarena im Vorort „Schinkel“ passen 16.100 Zuschauer, bei den bisherigen Heimspielen waren immer mindestens 10.000 „Lila-Weiße“ im Stadion vertreten.

„Dort herrscht eine heiße Atmosphäre“, weiß Hafenstraßen-Chef-Trainer Dabrowski. Rund 1.400 Fans aus Essen werden RWE begleiten, der Gästeblock ist für das Freitagabend-Spiel ausverkauft.

Übertragung:

Für Rot-Weiss Essen steht am kommenden Freitag bereits das dritte „Magenta-Topspiel“ an. Der Sportsender der Deutschen Telekom überträgt ab 18.30 Uhr – den Kommentar übernimmt Christian Straßburger, Konstantin Klostermann moderiert, West-Regionalliga-Routinier und -Spieler Daniel Flottmann gibt den Experten des Abends.

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