9. November 2022

Finaler Hafenstraßen-Aufgalopp 2022 in der 3. Liga

Rot-Weiss Essen empfängt auswärtsschwachen SV Meppen unter Flutlicht.

Lawrence Ennali (r.) trifft mit RWE Mittwoch auf Meppen
Voller Einsatz, ohne „wenn“ und „aber“: Mit einem Dreier könnte RWE den Platz im Mittelfeld festigen. (Foto. HÖft / Frontalvision)

Man – was ging das schnell! Ziemlich genau vor einem halben Jahr feierte Rot-Weiss Essen erst den Aufstieg in die Drittklassigkeit, jetzt steht wegen einer verfrühten Länderspielpause am Mittwoch, den 09. November (19.00 Uhr), das letzte Hafenstraßen-Pflichtspiel des Jahres an. Zu Gast ist für den 16. Drittliga-Spieltag der formschwache und gerade in die Abstiegszone abgerutschte Tabellenneunzehnte SV Meppen.  

Die Ausgangslage:

Das Heimspiel kann Rot-Weiss Essen mit einer gehörigen Portion Selbstvertrauen im Rücken angehen. Erst am Sonntag besiegte das Team von Chef-Trainer Christoph Dabrowski in einer furiosen Partie Aufsteiger VfB Oldenburg mit 5:3 (2:1). „Es wäre mir in meiner Position logischerweise lieber gewesen, wenn wir nach unserer 3:1 Führung ruhiger geblieben wären“, gab der 44-Jährige Coach nach der Partie zwar zu – nichtsdestotrotz verhalfen die drei Punkte aus Norddeutschland, die Position im Mittelfeld zu festigen – mit 20 Punkten steht RWE derzeit auf dem zwölftenTabellenplatz.

Die Vorbereitung auf Meppen ist entsprechend kurz. Nur drei Einheiten konnte RWE zwischen beiden Partien gegen die Nord-Teams einlegen, darunter ein Regenerations-Training. Derweil hatten die Meppener nach ihrem Auswärtsspiel bei Wehen Wiesbaden (0:3) zwei Tage mehr Zeit, sich auf den wilden Ritt an der Hafenstraße einzustimmen, für den sich jetzt schon mehr als 15.500 Zuschauer angesagt haben.

Nicht nur darum warnt Dabrowski vor dem anstehenden Gegner: „Es ist klar, dass die Meppener nicht unbedingt vor Selbstvertrauen strotzen. Dennoch ist das ein sehr gefährlicher Gegner!“ Beweise, dass in der Drittklassigkeit jeder jeden schlagen kann, müssen besonders nach den eigenen Ergebnissen gegen vermeintliche Favoriten (1:1 gegen Dynamo Dresden, 2:2 gegen FC Ingolstadt, 2:1 bei Waldhof Mannheim) nicht geliefert werden. Und überhaupt: Gegen wen ist schon ein Aufsteiger in der Favoritenrolle?

Für Rot-Weiss Essen spricht dennoch besonders die Heimstärke. An der Hafenstraße gingen fünf Spiele nacheinander nicht verloren – auch wenn das Team um Spielführer Daniel Heber seit zwei Partien auf einen Heimsieg wartet.

Finaler Hafenstraßen-Aufgalopp 2022 in der 3. Liga – Rot-Weiss Essen
Als bester RWE-Akteur wurde Felix Bastians nach dem Oldenburg-Spiel unter anderem in die „kicker“-Elf-des-Tages gewählt. (Foto: Endberg)

Und auch mit der Anzahl erzielter Tore gehört RWE zu den besseren Teams: 23-mal durfte der Hafenstraßen-Tross in der laufenden Saison jubeln – am häufigsten Ron Berlinski (5). Nach seinem Doppelpack in Oldenburg ist ihm derweil Felix Bastians mit vier Treffern dicht auf den Fersen.

An der Hafenstraße verzichten muss RWE weiterhin auf die gewohnten Akteure Thomas Eisfeld, Simon Engelmann, Cedric Harenbrock und Michel Niemeyer. Zudem fällt Andreas Wiegel aus. Besonders aufpassen muss Lawrence Ennali, er kommt derzeit auf vier gelbe Karten – die fünfte würde zu einer Sperre im Spiel gegen 1860 München (Mo., 19.00 Uhr) führen.

Der Gegner:

Mit sieben Punkten aus den ersten vier Spielen, daraus zwei deutliche Heimsiege gegen den FSV Zwickau (3:0) und den Waldhof Mannheim (6:2), war der SV Meppen eigentlich gut in die Saison gestartet. Seit nunmehr drei Monaten muss das Team aus dem Emsland nun aber ohne Dreier auskommen – in den letzten sechs Partien sammelte Meppen gar nur einen Punkt – beim 0:0-Remis gegen den 1. FC Saarbrücken.

Größter Knackpunkt ist dabei die Offensivleistung. Meppen durfte in den letzten sechs Spielen nur einmal jubeln. Mannschaftskapitän Luca Tankulic, der der Mannschaft zu allem Überfluss schon die ganze Saison verletzt fehlt, zieht ein entsprechend negatives Zwischenfazit: „Wir betreiben einen riesigen Aufwand, belohnen uns aber nicht. Aktuell hat man das Gefühl, dass alles gegen uns läuft.“ Der 31-jährige Routinier beklagt: „Jeder, der selbst einmal Fußball gespielt hat weiß, wie wichtig Erfolgserlebnisse für den Kopf sind. Wenn es wieder und wieder nicht klappt, geht auch das Selbstverständnis irgendwann verloren.“

Einzig Marvin Pourié strahlt in dieser Saison Angriffsgefahr aus. Der 31-jährige Stürmer, der bei Borussia Dortmund ausgebildet wurde und einst zwischen 2006 und 2009 für den FC Liverpool am Ball war, traf sechsmal. Zu Saisonbeginn war er von Drittliga-Absteiger Würzburger Kickers in die Hänsch-Arena gewechselt.

Und auch wenn Essen keinen Profi in den eigenen Reihen hat, der einst das Trikot des SV Meppens trug – umgekehrt trifft das zu! Flügelspieler Marius Kleinsorge steuerte stolze vier Liga-Treffer zum rot-weissen Drittliga-Aufstieg bei, feierte den Klassensprung nach Trikottausch mit dem Schiedsrichter in erster Reihe und hielt sich sogar zum Trainingsauftakt im Ruhrgebiet fit, nachdem sein damaliger Klub 1. FC Kaiserslautern mitgeteilt hatte, Kleinsorge habe keine Perspektive mehr beim Zweitligisten. Rechtzeitig zum Duell mit seinem Ex-Verein, steht Kleinsorge seinem Team nach einem Muskelfaserriss wieder zur Verfügung.

Finaler Hafenstraßen-Aufgalopp 2022 in der 3. Liga – Rot-Weiss Essen
Marius Kleinsorge (l.) feierte noch vor einem halben Jahr den Aufstieg mit den RWE-Fans. (Foto: Endberg)

Garantiert nicht dabei sein wird ein zweiter Ex-Rot-Weisser. Jonas Kersken hütete 2018 und 2019 in der A-Jugend-Bundesliga das Seumannstraßen-Tor, ehe es ihn zum Bundesligisten Borussia Mönchengladbach zog. Der 22-jährige Keeper, derzeit von den Fohlen ins Emsland ausgeliehen, fällt schon mehr als einen Monat mit einer Schulterverletzung aus. Die Hinrunde scheint für ihn gelaufen zu sein. Zudem fallen Willi Evseev, der erwähnte Tankulic, und David Blacha definitiv aus. Hinter dem Einsatz von Yannick Osée steht ein Fragezeichen.

Linksverteidiger Max Dombrowka, der zwischen 2012 und 2015 drei Jahre an der Hafenstraße verbrachte, zählt derweil zum Stammpersonal und ist gleichwohl mit vier Assists bester Vorlagengeber. Ausgenommen zweier wegen Verletzung verpasster Partien, war der heute 30-jährige Bayer, der 79 Spiele im RWE-Trikot absolvierte (zwei Tore, vier Vorlagen) und schließlich zur SpVgg Unterhaching wechselte, bei jedem Spiel von Anfang an dabei.

Händeschütteln zweier Akteure, die sogar einen Zweitliga-Aufstieg zusammen schafften, dürfte es zudem neben dem Platz geben. Meppen-Chef-Trainer Stefan Krämer, der mit 277 Partien zu den erfahrensten Coaches der 3. Liga zählt, war der erste Übungsleiter, den der heutige Rot-Weiss-Essen-Vorstand Marcus Uhlig in geschäftsführender Position engagierte – nämlich 2011 bei Arminia Bielefeld. 2013 gelang der Sprung in die 2. Bundesliga, ehe sich 2014 die Wege trennten. Während Krämer bei Energie Cottbus, Rot-Weiß Erfurt sowie dem KFC Uerdingen, dem 1. FC Magdeburg und KAS Eupen (Belgien) Station machte, wurde Uhlig in Essen sesshaft.

Der Glauben geht in Meppen derweil trotz Torschwäche nicht verloren: „Für uns könnte es keinen besseren Zeitpunkt geben, um in Essen die Wende einzuleiten, die Negativserie zu beenden und endlich wieder einen Sieg einzufahren“, gibt sich Tankulic bestimmt.

Soll das gelingen, muss die Krämer-Elf auch die eigene Auswärtsschwäche ausblenden: Mit dem Halleschen FC, dem VfL Osnabrück und Waldhof Mannheim ist der SV Meppen eins der Teams, was noch kein einziges Auswärtsspiel in der Drittliga-Saison 2022/23 gewinnen konnte. Gelingt in Essen kein Sieg, sorgt der Vorjahres-Zweitplatzierte für eine kuriose Statistik: dann wurden im gesamten Kalenderjahr 2022 nur zwei Auswärtsspiele (26. Januar in Verl und 14. Mai in Berlin) in der dritthöchsten Spielklasse gewonnen. 16-mal wäre dazu Gelegenheit gewesen.

Vorherige Duelle:

Das letzte Kräftemessen zwischen Rot-Weiss Essen und dem SV Meppen ist nicht lange her! Im Januar 2022 trafen sich beide Teams für ein Winter-Vorbereitungsspiel im Stadion an der Hafenstraße. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit besiegte der damals höherklassige Gegner RWE 1:2.

Finaler Hafenstraßen-Aufgalopp 2022 in der 3. Liga – Rot-Weiss Essen
Zu Jahresbeginn eröffneten RWE und der SV Meppen das Hafenstraßen-Jahr mit einem Testspiel. (Foto: Endberg)

Reichlich kurios war der rot-weisse Führungstreffer im Testspiel: Nach nur wenigen Sekunden überspielte Felix Herzenbruch mit einem hohen Ball alle zehn Meppener Feldspieler, ehe Simon Engelmann per Lupfer aus 30 Metern zur Führung traf. Frühe Gegentore von Mike-Steven Bähre (10.) und Rene Guder (16.) brachten den norddeutschen Umschwung.

Weitaus länger her ist das letzte Pflichtspiel: Am 01. Juni 1997 – ganz nebenbei waren dort erst 13 der aktuellen RWE-Kicker überhaupt geboren – trennten sich die Teams in der Hänsch-Arena 1:1.

Die Gesamtbilanz der direkten Duelle spricht dabei leicht für RWE: Von 13 Duellen entschied Essen vier für sich. Viermal gewann Meppen, genauso oft endeten die Partien Remis.

Der Schiedsrichter:

Die Spielleitung hat am Mittwochabend der routinierte Dr. Dr. Robert Kampka inne. Der 40-jährige Görlitzer Arzt war zwischen 2016 und 2020 Bundesliga-Schiedsrichter. Er kommt auf 35 Erstliga- sowie 105-Zweitliga-Begegnungen. 97-mal pfiff Kampka in der 3. Liga. Seine letzte Partie mit rot-weisser Beteiligung war ein 2:0-Sieg des Hafenstraßen-Teams gegen die SV Elversberg am 25. September 2009.

Kampkas Assistenten sind Marcel Gasteier (33, Lahnstein) und Christoph Rübe (29, Vellmar)

Das Wetter:

Für Mittwochabend sind bewölkte 12 Grad angesagt.

Übertragung:

Das Flutlichtspiel wird ab 18.45 Uhr live auf MAGENTA SPORT übertragen. Julian Engelhard kommentiert, Kamilla Benschop moderiert.