18. Februar 2023

Duellcheck: Siegen erwünscht!

RWE nimmt gegen BVB U23 nächsten Anlauf für ersten Liga-Erfolg 2023.

RWE will gegen den BVB endlich wieder Jubeln!
Szenen, die an der Hafenstraße in letzter Zeit zugegeben viel zu selten vorkommen: José-Enrique Rios Alonso in vorderster Reihe bejubelt seinen Führungstreffer gegen den MSV Duisburg. (Foto: Endberg)

Für das vierzehntplatzierte Rot-Weiss Essen geht es am Sonntag (14.00 Uhr), wenn die U23 von Bundesliga-Spitzenteam Borussia Dortmund (BVB) an der Hafenstraße am 23. Drittliga-Spieltag zu Gast ist, darum, endlich den ersten Sieg des Jahres 2023 einzufahren. Die Schwarzgelben haben einen frischen Trainerwechsel hinter sich und sind äußerst anfällig für Niederlagen. Damit was klappt, sollte Chef-Trainer Christoph Dabrowski mit seiner Arbeit aber die Problemzone „Offensive“ aufpeppen. Der Duellcheck vor dem dritten NRW-Duell in Folge!

Die Ausgangslage:

Satz mit X, das war wohl nix! Bei Viktoria Köln hätte RWE den Vorsprung auf die Gefahrenzone signifikant ausbauen können, stattdessen reiste die Hafenstraßen-Truppe am Ende mit einer 0:1-Niederlage im Gepäckfach des Mannschaftsbusses ab. „Fakt ist, dass wir keine gute Leistung gebracht und nicht die Energie ausgestrahlt haben, die erforderlich ist, um in der 3. Liga Spiele zu gewinnen“, so das ernüchterte Dabrowski-Fazit.

Eine Flaute von zuletzt sieben sieglosen Partien in Folge stimmt das RWE-Team unzufrieden. In dieser Zeit gelangen lediglich drei Treffer, davon keiner aus dem Spiel heraus. Den Unmut des treuen Publikums kann Dabrowski darum nur allzu gut verstehen: „Wenn die Leistung auf dem Platz nicht zu einhundert Prozent stimmt, dann müssen wir auch alle Kritik akzeptieren!“

Lichtblick im Abendschein am Montagabend: José-Enrique Rios Alonso. Der 22-jährige Deutsch-Spanier verhinderte mit unzähligen Rettungsmanövern eine noch deutlichere Niederlage. 

Jetzt gilts, einen neuen Anlauf zu nehmen. An fünf Trainingstagen stand Rot-Weiss Essen dafür zwischen den beiden Partien auf dem Feld. Und einen Grund, den Kopf tabellarisch in den Sand zu stecken, gibt es ohnehin nicht: Vor dem Spieltag sind die Abstiegsränge fünf Zähler entfernt, ein Sieg könnte sich besonders lohnen. Oldenburg (Platz 16) und Schlusslicht Halle (20) treffen Montagabend aufeinander und nehmen sich die Punkte weg. Zuvor haben die anderen direkten Konkurrenten schwierige Aufgaben zu lösen: Zwickau empfängt Liga-Primus Elversberg, Bayreuth muss bei den formstarken Osnabrückern ran. Dazu spielen die nur dreimal siegreichen Meppener beim Waldhof Mannheim. Erzgebirge Aue gewann hingegen schon am Freitagabend 2:1 beim Zweitplatzierten Wehen Wiesbaden und zog vorerst in der Tabelle an RWE vorbei.

Und so ist Kampf – nicht nur gegen den Abstieg, sondern auch – auf dem Platz jetzt eine wichtige Tugend. Den hatten die Rot-Weissen schon im Derby gegen den MSV Duisburg gezeigt, vor dem Viktoria-Duell wusste auch Neuzugang Torben Müsel schon: „Wir müssen die Emotionen und Leidenschaft zeigen, die wir gegen den MSV auf den Platz gebracht hat.“

Duellcheck: Siegen erwünscht! – Rot-Weiss Essen
Einsatz, den die RWE-Fans erwarten: Ron Berlinski fightet um das runde Leder und den Ballbesitz. (Foto: Endberg)

Vielleicht stachelt den einen oder anderen Essener seine schwarzgelbe Vergangenheit an. Felix Götze begann die Nachwuchs-Karriere im Trikot der Dortmunder und wurde obendrein in der Ruhrmetropole geboren, auch Felix Bastians (2002 bis 2004) und Thomas Eisfeld (2005 – 2012) kickten für die Junioren-Borussen. Letzterer Ex-Zweitligakicker spricht heute noch häufig von seinem Vorbild Tomas Rosicky: der tschechische Zehner spielte fünf Jahre im Westfalenstadion. Während Oguzhan Kefkir 77 Dritt- und Regional-Liga-Spiele für die schwarzgelbe Reserve absolvierte (7 Tore, 13 Vorlagen) kennt Youngster Mustafa Kourouma zahlreiche jetzige Dortmunder aus seiner BVB-Nachwuchs-Zeit: so Lion Semic, Göktan Gürpüz, Nnamdi Collins und Silas Ostrzinski. Nicht zu verschweigen ist die schwarzgelbe Vergangenheit von Carsten „Erle“ Wolters: Der 53-jährige Hafenstraßen-Co-Trainer wurde 1996 mit den Borussen Meister und war 1997 Teil des Kaders, der später die „Champions League“ gewann.

Duellcheck: Siegen erwünscht! – Rot-Weiss Essen
Nicht nur Young fehlt gesperrt: Hannover-Leihgabe Lawrence Ennali kassierte in Köln die fünfte Gelbe der Saison. (Foto: Endberg)

Verzichten muss Chef-Trainer Christoph Dabrowski bei seinem Siegesvorhaben auf Isaiah Young. Der Flügelflitzer handelte sich gegen Viktoria Köln den gelb-roten Karton ein. Lawrence Ennali sah die fünfte gelbe Karte und fehlt somit auch. Eine mögliche Lösung ist, den etatmäßigen Neuner Ron Berlinski auf dem Flügel starten zu lassen, auch Einsätze von Aurel Loubongo, Kevin Holzweiler oder Oguzhan Kefkir sind denkbar. Letzterer wird vermutlich nach einer Adduktorenzerrung wieder zur Verfügung stehen, ob es bei Goalgetter Simon Engelmann nach zweiwöchiger Mandelentzündung mit Antiobiotika-Einnahe und Sportverbot zum Kadereinsatz reicht, ist noch nicht absehbar. Sicher nicht zur Verfügung stehen Sandro Plechaty und Michel Niemeyer: Die Außenverteidiger holen nach langwierigen Verletzungen einen Trainingsrückstand auf.

Aufpassen muss Berlinski: Gegen den MSV Duisburg heimste der Angreifer seine vier gelbe Karte ein, nach der nächsten Verwarnung ist er gesperrt.

Das Hinspiel:

Bei brütender Hitze musste Rot-Weiss Essen am 4. Drittliga-Spieltag vor den Augen von mehr als 11.000 Zuschauern im Dortmunder SIGNAL IDUNA PARK eine 0:1-Niederlage hinnehmen.

Knackpunkt der Partie war ein kapitaler Bock vom sonst so soliden Jakob Golz. Nach Felix-Herzenbruch-Rückpass verlor der Schlussmann im Zweikampf mit dem scharf anlaufenden Bradley Fink die Kugel. Der Youngster, der nach der Partie zum FC Basel wechselte und alle Partien im europäischen Wettbewerb Conference League absolvierte, schob zum Treffer des Tages ein. Die Situation blieb der bis heute einzige Torwartfehler von Golz in der 3. Liga.

Duellcheck: Siegen erwünscht! – Rot-Weiss Essen
Nach dem Hinspiel gibt es keinen Jubel, nur bedröppelte Gesichter und Unstimmigkeiten bei den Herren Engelmann (2. v. l.), Eisfeld (3. v. l.) und Bastians (4. v. l.). (Foto: Endberg)

Im Anschluss an die Szene fand RWE keinen wirklichen Zugriff auf die Partie, ein offensichtliches wiederholtes gelbwürdiges Foulspiel von Mittelfeld-Routinier Franz Pfanne gegen Meiko Sponsel blieb ungestraft.

Nach dem Spiel befand Christoph Dabrowski nicht alles für schlecht: „Insgesamt haben wir heute eine defensive Basis gefunden! Wenn wir so weiterspielen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis der Knoten platzt.“ Zu monieren gab es derweil damals schon die Chancenverwertung: „Wir müssen aus wenigen Chancen vielmehr machen und abgezockter vor dem Tor sein“, gab Abwehrspieler Herzenbruch zu Protokoll.

Der Gegner:

„Da wartet keine einfache Aufgabe auf uns. In den zweiten Mannschaften gibt es immer viele talentierte Spieler, die gerne zocken“, ist sich RWE-Offensivmann Müsel über den aktuell Fünfzehntplatzierten der 3. Liga Borussia Dortmund sicher. Meinen könnte er damit Kicker wie Linksverteidiger Tom Rother. Der U19-Nationalspieler war zuletzt für die Borussen-Reserve im Einsatz, absolvierte aber auch schon drei Bundesligaspiele unter den Fußball-Lehrern Marco Rose sowie Edin Terzic. Im April 2022 steuerte zu einem 6:1-Sieg gegen den VfL Wolfsburg gar einen Treffer bei.

Und in dieser Mannschaft stecken noch viel mehr junge und hungrige Spieler, vor denen Vorsicht geboten ist: Ex-Wollschläger-Teamkollege Marcel Lotka (21 Jahre alt) hütete im vergangenen Jahr noch bei Hertha BSC Berlin im Abstiegskampf das Tor. Nnamdi Collins (19), seines Zeichens U19-Kapitän, gilt als riesiges Abwehrtalent. PSG-Neuzugang Soumalia Coulibaly (18) hilft etatmäßig in der Dortmunder Reserve aus und war schon für die Profis beim 1:1 beim FC Kopenhagen in der Champions League im Einsatz. Mit Marco Pasalic (22) und Werder-Leihgabe Justin Njinmah (22) sammelten zwei weitere Spieler bereits Bundesliga-Erfahrung, sie ergänzen die BVB-Offensive um die Winter-Neuzugänge Moses Otuali (20 / vom Hamburger SV) und Cyrill Akono (22 / bester Hinrunden-Torschütze des SC Verls). Routiniers wie Ex-Engelmann Teamkollege, Mannschaftskapitän und Aufstiegsspieler Pfanne oder Angreifer Michael Eberwein runden die Mannschaft ab.

All das bringt bislang? Recht wenig! Der BVB verzeichnet nach 22 Spielen nur 18 Tore, stellt damit nach Bayreuth die zweitschwächste Offensive der Liga. Erst sechs Partien gestaltete der BVB-Nachwuchs erfolgreich, 13-mal gingen Spiele verloren – mit Bayreuth und Halle geteilter Liga-Spitzenwert. Jüngste Ergebnisse warnen jedoch: Der 1. FC Saarbrücken knackte Borussia erst sehr spät 2:1, der formschwach dahinschlitternde FC Ingolstadt unterlag gar 1:2.

Duellcheck: Siegen erwünscht! – Rot-Weiss Essen
Vom Zweitliga-Trainer zum Übungsleiter einer Truppe voller Talente: Ex-Dabrowski Arbeitskollege Jan Zimmermann. (Foto: BVB)

Kurios: Zwischen beiden Spieltagen entschloss sich die sportliche Dortmunder Reserve-Leitung um Vereins-Urgestein Ingo Preuß (seit 1992 beim BVB) für einen Trainerwechsel. Auf den jungen und erst zum Sommer verpflichteten Christian Preußer folgte Jan Zimmermann. Der 43-jährige Fußball-Lehrer ist Dabrowskis Vorgänger bei Hannover 96, führte zuvor in zweieinhalb Jahren Arbeit die mitteldeutsche und mittlerweile wieder abgestiegene TSV Havelse von der 4. in die 3. Liga. „Wir sind froh, dass wir Jan so schnell von uns überzeugen konnten“, konstatierte Sportchef Ingo Preuß, nachdem ihn ihm mit Preußer „der Glaube gereift“ war, dass die „Saisonziele – sowohl was die Entwicklung der Mannschaft als auch die individuelle Entwicklung der Spieler angeht – in dieser Konstellation schwer zu erreichen sein werden.“

Ein Blick auf die Statistiken verrät übrigens: Volle Pulle im zweiten Durchgang kann sich gegen den BVB lohnen. Mit 22 kassierten Toren ist die Schwarzgelb-Reserve schlechtestes Team der zweiten Halbzeit. Würde nur zwischen Minute 46 und 90 gespielt werden, hätte Dortmund 18 Punkte und damit drei weniger als in der Realität gesammelt.

Vorherige Duelle:

Besonders im Kopf dürfte Rot-Weiss Essen-Fans die Saison 2020/21 geblieben sein. Die Borussen-Reserve und RWE lieferten sich ein unerbittliches Kopf-an-Kopf-Rennen um den so ersehnten Aufstieg in die 3. Liga. In der gesamten Saison siegen BVB und RWE jeweils 27-mal. Die schwarzgelben „Amateure“, wie sie in der Dortmunder Fanszene genannt werden, verlieren sogar nur einmal, spielt allerdings häufiger Remis als Rot-Weiss.

Am Ende stolpert RWE jedoch einmal zu oft und bleibt somit drei Punkte hauchzart hinter dem BVB. Entschieden wird all das in einem Aufstiegsfinale im Fernduell, was beide Teams gewinnen. Besonders brutal für RWE-Fans: Wäre in der Halbzeit Schluss gewesen, hätte das Hafenstraßen-Team als Aufsteiger festgestanden. Während man selbst 2:0 gegen Wegberg-Beeck führte – so lautete später auch der Endstand -, lag der BVB 0:1 gegen den Wuppertaler SV zurück. Die Schwarzgelben drehten die Regionalliga-West-Partie des 42. Spieltags jedoch und besiegten die Mannschaft vom Zoo 2:1.

Eingerechnet den Duellen dieser packenden Saison, in denen sich die Mannschaften zweimal 1:1 trennten, gab es „Dortmund II gegen Essen“ 27-mal. Achtmal siegte Rot-Weiss, nur fünfmal der BVB. 14 Spiele endeten Remis.

Ganz besonders in jüngster Vergangenheit dürften sich RWE-Fans an das Heimspiel gegen Borussia Dortmunds U23 vor dreieinhalb Jahren erinnern: Die Verpflichtung von Bundesliga-Trainer Christian Titz sowie Sportdirektor Jörn Nowak und zahlreiche Neuzugänge ließen an der Hafenstraße Hoffnung aufkeimen, sodass zu diesem 1. Regionalliga-Spieltag ganze 14.500 Zuschauer zum Spiel kamen. Nach zwischenzeitlichem Rückstand drehten Amara Condé (81.) und Alexander Hahn (90+6.) die Partie in letzter Minute mit Standards und sorgten so für eine einzigartige Stimmung.

In der Nachspielzeit sicherte Alexander Hahn seiner Mannschaft die drei Punkte. (Foto: Endberg)
Was eine Szene! Alexander Hahn (mi.) bejubelt mit den Teamkollegen Florian Bichler (l.) und Hedon Selishta (r.) seinen Treffer in letzter Sekunde. (Foto: Endberg)

Netter Sidefact: Das letzte Testspiel zwischen Rot-Weiss Essen und der 1. Mannschaft von Borussia Dortmund gab es 2017 – und das gestaltete das Team von der Hafenstraße siegreich. Treffern von Pierre-Emerick Aubameyang und Ousmane Dembelé setzte RWE einen Doppelpack von Benjamin Baier und ein Marcel-Platzek-Tor gegenüber. Endstand: 3:2! Wer nach einer Pflichtpartie sucht, muss wesentlich weiter in den Geschichtsbüchern zurückblättern. 2008 unterlag Rot-Weiss im alten Georg-Melches-Stadion in einer DFB-Pokal-Erstrundenpartie 1:3. Der Dortmunder Bajram Sadrijaj sorgte bei der Pflichtspielpremiere vom heutigen Liverpool-Trainer Jürgen Klopp für ein riesiges Kuriosum, das noch heute zumindest Weltrekord-verdächtig ist: Nur zwölf Sekunden nach seiner Einwechslung flog der Youngster nach einem Foulspiel an Dennis Bührer mit Glattrot vom Platz. Den zwischenzeitlichen Treffer zum 1:1 erzielte übrigens kein Geringerer, als der heutige Trainer der „Zwoten“ Stefan Lorenz.

Das Wetter:

Bei rund 9 Grad ist leichter Regenschauer angesagt.

Übertragung:

Liga-Partner MAGENTA SPORT überträgt das Spiel am Sonntag live ab 13.45 Uhr im Pay-TV.

Die internationale Videoplattform „DFB Play“ zeigt das Spiel außerdem kostenfrei. Der Zugriff auf das Programm ist allerdings nur außerhalb des DACH-Raums, sprich außerhalb Deutschlands, Österreichs und der Schweiz, möglich.

mehr von der hafenstraße: