14. März 2023

Cedric Harenbrock: „Gefühlt war ich weg vom Fenster!“

Rot-Weiss Essen-Mittelfeldspieler meldet sich nach langer Pause zurück.

Cedric Harenbrock: "Gefühlt war ich weg vom Fenster!" – Rot-Weiss Essen

In Ingolstadt feierte Cedric Harenbrock seine Profitor-Premiere. (Foto: Endberg)

Fast sechs Monate lang musste Cedric Harenbrock auf einen weiteren Pflichtspiel-Einsatz für Rot-Weiss Essen warten. Vor der Winterpause bremste den 24-jährigen Offensivspieler eine hartnäckige Muskelverletzung aus. Im neuen Jahr pendelte der dienstälteste RWE-Profi (seit dem 1. Juli 2017 im Verein) lange Zeit zwischen Bank und Tribüne. Beim 1:1 in Ingolstadt traf der frühere Junioren-Nationalspieler dann aber nur wenige Minuten nach seiner Einwechslung zur 1:0-Führung – und stand danach dreimal in Serie (in Wuppertal, gegen Bayreuth und zuletzt in Aue) in der Startformation von Trainer Christoph Dabrowski. Vor dem Heimspiel am Dienstag, 19.00 Uhr, gegen den VfL Osnabrück nahm sich Cedric Harenbrock Zeit für ein ausführliches Interview. 

Hallo Cedric! Nach langer Pause hast Du zuletzt wieder vier Einsätze in Serie absolviert, gehörtest dreimal in Folge zur Startformation. Wie groß ist Deine Erleichterung über diese positive Entwicklung? 
Cedric Harenbrock: Sehr groß, ich bin wirklich happy darüber. Ich verrate sicherlich kein Geheimnis, wenn ich sage, dass die Wochen davor alles andere als schön waren. Und ich muss auch ehrlich zugeben, dass ich überhaupt nicht damit gerechnet hatte, dass es so schnell geht und ich in vier Partien in Folge zum Einsatz komme. 

Was ist schwieriger: Wegen einer Verletzung zuschauen zu müssen oder gesund zu sein, aber nicht nominiert zu werden? 
Verletzt zu sein und sich durch eine Reha quälen zu müssen, ist hart. Doch man arbeitet dabei ja auf ein Ziel hin und weiß, dass man erst wieder spielen kann, wenn die Verletzung überstanden ist. Das ist vor allem vom Kopf her besser wegzustecken. Aus sportlichen Gründen nicht dabei zu sein und nur auf der Tribüne zu sitzen, tut deshalb noch mehr weh. 

Jeder ist schließlich selbst dafür verantwortlich, welche Leistungen er im Training und in den Spielen anbietet und wie schwer er dem Trainer die sportlichen Entscheidungen macht.

Trainer Christoph Dabrowski sagte kürzlich, er könne bei der Aufstellung der Mannschaft auf „Aufstiegshelden“ keine Rücksicht nehmen. Hat Dich das noch zusätzlich angespornt? 
Schwierige Frage. Im ersten Moment freut man sich natürlich nicht gerade, wenn man diese Aussage mitbekommt. Aber der Trainer hat ja Recht. Jeder ist schließlich selbst dafür verantwortlich, welche Leistungen er im Training und in den Spielen anbietet und wie schwer er dem Trainer die sportlichen Entscheidungen macht. Ich habe mich auf jeden Fall im Training weiter reingehängt und vielleicht auch sogar noch ein wenig mehr Gas gegeben. Von daher war sicherlich auch etwas Ansporn dabei. Ich bin einfach froh, dass ich jetzt wieder bei 100 Prozent bin und das auf dem Platz zeigen darf. 

Bei Deinem Comeback in Ingolstadt warst Du als Einwechselspieler direkt als Torschütze erfolgreich. Es war der erste Treffer seit dem „Aufstiegsendspiel“ gegen Ahlen. Danach wirktest Du emotional stark angefasst. Oder täuscht der Eindruck? 
Es war in der Tat sehr emotional. Wenn ich ehrlich bin, dachte ich wenige Tage vorher noch, dass ich von einem Einsatz sehr weit entfernt bin. Dann hatte ich auch ein wenig Glück, durch einige krankheitsbedingte Ausfälle in den Kader zu rutschen. Und wenn dann deine Chance kommt, dann musst du da sein und sie ergreifen. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, als mir praktisch mit der ersten Aktion der Führungstreffer gelungen ist. Es war zwar schade, dass wir am Ende noch den Ausgleich kassiert haben.

Dennoch war mein erstes Tor im Profifußball etwas ganz Besonderes. Vor allem, weil ich kurz zuvor gefühlt noch komplett weg vom Fenster war. 

Du absolvierst – genau wie RWE – Deine erste Saison in der 3. Liga. Wie würdest Du die größten Unterschiede zur Regionalliga West beschreiben? 
In der 3. Liga ist nicht nur alles viel größer. Es geht auch wesentlich enger zu, es kann wirklich jeder jeden schlagen. Fast immer werden die Spiele durch Kleinigkeiten entschieden. Der größte Unterschied ist für uns vermutlich, dass wir nicht mehr als Favorit in jedes Spiel gehen, wie es noch in der Regionalliga der Fall war, sondern häufiger auch mal als Außenseiter. Ich denke, die Umstellung ist uns nach dem Fehlstart gut gelungen. 

Cedric Harenbrock: "Gefühlt war ich weg vom Fenster!" – Rot-Weiss Essen

Harenbrock: „Freue mich auf die weitere Zeit an der Hafenstraße“ (Foto: Höft)

Deine Gewöhnung an die neue Spielklasse wurde nach einer guten Anfangsphase, in der Du oft zur Startelf gehörtest, durch eine hartnäckige Muskelverletzung ausgebremst. Wann hast Du gemerkt, dass etwas nicht stimmt? 
Da kann ich keinen bestimmten Zeitpunkt nennen. Ich habe unter Belastung ein ständiges Zwicken verspürt, so dass irgendwann klar war, dass ich eine Pause einlegen muss. Dass es dann mehr als drei Monate gedauert hat, bis ich zumindest wieder voll trainieren konnte, war allerdings nicht geplant. 

Welche Übungen konntest Du während Deiner Zwangspause machen? 
Während der Reha habe ich unter anderem spezielles Kraft- und Beweglichkeitstraining absolviert, um die Muskulatur zu stärken. Nach und nach haben die Schmerzen dann nachgelassen 

Wie bist du mit der Situation umgegangen? War es von Vorteil, dass Du auch schon nach zwei Kreuzbandrissen zurückgekommen bist? 
Das würde ich auf jeden Fall so bestätigen. Es ist in einer solchen Situation vor allem wichtig, nicht in ein Loch zu fallen, sondern konzentriert daran zu arbeiten, wieder fit zu werden. Ich konnte definitiv gut damit umgehen. 

Wie nah warst Du in dieser Zeit bei der Mannschaft? 
Sehr nah. Ich habe, wenn es trotz der Rehamaßnahmen möglich war, regelmäßig beim Training vorbeigeschaut, war bei den Heimspielen immer im Stadion, manchmal auch auswärts. Mit einer Reihe von Spielern bin ich auch enger befreundet, so dass wir auch außerhalb des Platzes einiges zusammen unternehmen. 

Basti (Anm.: Mannschaftskapitän Felix Bastians) ist in der Kabine mein Sitznachbar und er ist mit seiner großen Erfahrung auch ein Spieler, der immer auch nach rechts und links schaut. Es tut gut, wenn man in schwierigen Phasen Zuspruch von seinen Kollegen bekommt. 

Eine nicht ganz unwichtige Rolle hat auch Kapitän Felix Bastians gespielt, oder? 
Das stimmt. Basti ist in der Kabine mein Sitznachbar und er ist mit seiner großen Erfahrung auch ein Spieler, der immer auch nach rechts und links schaut. Es tut gut, wenn man in schwierigen Phasen Zuspruch von seinen Kollegen bekommt. 

Du bist seit Juli 2017 im Verein und damit der dienstälteste Spieler. Was bedeutet Dir das? 
Ich bin schon stolz darauf, inzwischen der dienstälteste Spieler im Kader zu sein. Ich spüre dadurch auch eine besondere Anerkennung durch die Fans. Als wir kürzlich unser neues Mannschaftsfoto aufgenommen haben, ist noch einmal bewusst geworden, wie sehr sich das Team in den letzten knapp sechs Jahren verändert hat. Als ich zu RWE kam, waren aus dem jetzigen Staff wohl nur Carsten Wolters, Manuel Lenz und Peter Sommer schon dabei. Wenig später kam Lars Fleischer hinzu. Es ist nicht selbstverständlich, so lange für einen Verein zu spielen. Umso mehr freue ich mich auf die weitere Zeit an der Hafenstraße. 

Cedric Harenbrock: "Gefühlt war ich weg vom Fenster!" – Rot-Weiss Essen
Einer der Aufstiegshelden! Im Saisonfinale gegen RW Ahlen netzte der Blondschopf zum 1:0 ein. (Foto: Höft)

Noch am Samstag wart Ihr in Aue am Ball. Wie sehr magst Du „Englische Wochen“? 
Die Belastung durch die Spiele ist sehr hoch, zumal wir innerhalb von sieben Tagen auch zwei weite Auswärtsreisen absolvieren. Dafür wird jedoch im Training entsprechend dosiert gearbeitet. Ich denke, das ist für uns kein Nachteil. Wir werden mit einer schlagkräftigen Mannschaft gegen den VfL Osnabrück auflaufen und alles geben, um unser Heimspiel zu gewinnen. 

Wie ist Dein Eindruck vom Gegner? 
Der VfL hat zuletzt eine eindrucksvolle Siegesserie hingelegt, es stehen sehr gute Fußballer im Team. Es wartet also eine schwierige Aufgabe auf uns. Aber wie gesagt: In der 3. Liga ist nahezu alles möglich, wie beispielsweise auch die 2:3-Heimniederlage der Osnabrücker nach einer 2:0-Führung bis in die Schlussphase gegen die SpVgg Bayreuth gezeigt hat. Wir haben allen Grund, selbstbewusst in die Partie zu gehen. 

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