15. April 2023

Tradition trifft Tradition!

Duellcheck zum Heimspiel gegen Mannheim.

Essen gegen Mannheim: Der Duellcheck.
Simon Engelmann (l.) marschierte im letzten Heimspiel gegen die U23 des SC Freiburg durch den Matsch. (Fotos: Endberg)

Mehr 3. Liga geht nicht! Am Sonntag (14.00 Uhr) empfängt Rot-Weiss Essen den SV Waldhof Mannheim an der Hafenstraße. Für die siebtplatzierten Kurpfälzer geht es darum, die Aufstiegsränge in Sichtweite zu halten. Doch auch RWE hat ein klares Ziel: „Wir wollen Woche für Woche Schritte in die richtige Richtung machen“, erklärt Chef-Trainer Christoph Dabrowski vor der Partie – der Klassenerhalt soll möglichst schnell her! Vielleicht spielt da in die Karten, dass die körperlich starken Mannheimer besonders in der Ferne Defensiv-Defizite aufweisen? Alle spannenden Infos zum Traditionskracher im Duellcheck.

Die Ausgangslage:

Nach überzeugendem 2:0-Sieg zum April-Auftakt gegen die SC Freiburg U23, unterlag Rot-Weiss Essen vergangenen Samstag Dynamo Dresden 1:2 (1:1). Chef-Trainer Christoph Dabrowski ordnete die Niederlage gegen den Aufstiegskandidaten als „verdient“ ein. Vor der Mega-Kulisse von über 30.000 Zuschauern im Rudolf-Harbig-Stadion erwiesen sich die aufstiegsambitionierten Sachsen mit ihren wuchtigen Torjägern für zu formstark.

Der einzige Rot-Weisse, der diese harte Nuss knacken konnte, war Ron Berlinski. Essens 28-jähriger Angreifer nutzte einen Bock von Keeper Stefan Drljaca zum zwischenzeitlichen Ausgleich und startete so einen Mini-Lauf. Berlinksi erzielte im zweiten aufeinanderfolgenden Spiel einen Treffer. In der internen Schützenliste löste er so mit nun sieben Saisontoren Felix Bastians von der Pole Position ab, der in Dresden noch passen musste.

Die Adduktorenbeschwerden des Mannschaftskapitäns linderten sich glücklicherweise in der Trainingswoche, sodass er gegen Mannheim wieder zur Verfügung stehen wird. Felix Götze hat seinen Infekt überstanden und ist am Donnerstag ins Lauftraining eingestiegen. Für einen Einsatz am Sonntag reicht es aber noch nicht. Aurel Loubongo steht Christoph Dabrowski aufgrund einer Sprunggelenksverletzung weiterhin nicht zur Verfügung. Auch Björn Rother muss passen. Der „Aggressive Leader“ im Mittelfeld sah wegen unsportlichen Verhaltens gegen Dynamo Dresdens Ahmet Arslan die rote Karte und ist nun für zwei Spiele gesperrt. Ebenfalls einen Tribünenplatz wird Felix Herzenbruch einnehmen: Der Stamm-Innenverteidiger erhielt seine fünfte Verwarnung in der laufenden Saison. „Beide Ausfälle schmerzen“, sagt Coach Dabrowski. „Aber wir werden auch so ein schlagkräftiges Team auf den Platz bringen, das die Qualität besitzt, das Heimspiel gegen Mannheim zu gewinnen!“

Tradition trifft Tradition! – Rot-Weiss Essen
Kapitän Felix Bastians zählt am Sonntag wieder zum Aufgebot von Trainer Christoph Dabrowski.

Somit bleibt die Mission im Traditionskracher auch ohne die beiden Dauerbrenner unverändert: RWE möchte Punkte einfahren, um den Klassenverbleib frühzeitig und möglichst ohne großes Saisonfinale einzutüten. „Zum Ende einer Spielzeit ist es häufig so, dass vermeintlich abgeschlagene Teams noch einmal eine zweite Luft bekommen und anfangen, Punkte zu sammeln“, weiß Routinier Thomas Eisfeld.

Für die mit 36 Zählern Vierzehntplatzierten Rot-Weissen gilt es, die Gefahrenzone auf Abstand zu halten – und das sollte am kommenden Spieltag mit Zählbarem gut möglich sein. Borussia Dortmunds U23 (15. / 34 Punkte), die einzige Mannschaft, die RWE am nächsten Spieltag theoretisch überholen könnte, und der SV Meppen (20. / 24) duellieren sich direkt. Auch mit Halle (16. / 32) und Bayreuth (17. / 31) stehen sich zwei Kontrahenten gegenüber. Außerdem muss der FSV Zwickau (18. / 28) zum SC Freiburg II, der VfB Oldenburg (19. / 27) kickt in Ingolstadt. Die Schanzer (12. / 38) befinden sich, wie auch der MSV Duisburg (13. / 36) und Erzgebirge Aue (11. / 39) in direkter rot-weisser Schlagdistanz.

Das Hinspiel:

Als am 22. Oktober in der Partie zwischen RWE und dem Waldhof Mannheim 12 Minuten gespielt waren und eine rot-weisse 2:0-Führung über die Dioden der Anzeigetafel flimmerte, da mag sich der eine oder andere Fan gefragt haben, was im kurpfälzischen Gästeblock-Bier an Zusatzstoffen enthalten sein mag. Der frenetische Essener Jubel dürfte aber schnell klargemacht haben, dass die Rot-Weissen gerade wirklich überzeugend gegen den favorisierten Waldhof in Führung lagen.

Ron Berlinski läutete die turbulente Anfangsphase ein: Bei einem Zusammenprall von Waldhof-Torhüter Morten Behrens und Abwehrmann Gerrit Gohlke konnte der RWE-Angreifer einfach ins leere Tor einschieben (5.), bevor er einen Fehler von Letzterem Innenverteidiger knallhart nutzte (12.). Mannheims Kapitän Marcel Seegert hatte bei all dem Glück, dass ihm Schiedsrichter Assad Nouhoum nach einer Tätlichkeit an eben jenen jubelnden Berlinski nur die gelbe Karte zeigte.

Tradition trifft Tradition! – Rot-Weiss Essen
Der Moment, als Ron Berlinski (r.) nach seinem zweiten Treffer zum Jubel ansetzt.

Weil Dominik Martinovics Erfolgserlebnis (32.) der einzige Mannheimer Jubelmoment dieses Tages blieb und als einziges ausbleibendes Highlight nur noch Seegert wegen der zweiten Unsportlichkeit des Feldes verwiesen wurde, war Rot-Weiss Essen beim 2:1-Sieg das erste Team, das 2022/23 überhaupt Punkte aus dem Carl-Benz-Stadion entführte.

So wundert es nicht, dass sich auch Christoph Dabrowski unter der Woche gut an die Partie zurückerinnert: „Es war ein sehr heißes und intensives Duell, in dem wir in der Anfangsphase ein Feuerwerk abgebrannt, den Gegner zu Fehler gezwungen und diese dann auch ausgenutzt haben!“

Der Gegner:

Phrasen wie „In der 3. Liga geht es eng zu“ oder „In dieser Spielkasse kann jeder jeden schlagen“ dürften mittlerweile auch in Essen bekannt sein. Müsste man sich jedoch einen Drittligisten aussuchen, der zu diesen Phrasen am besten passt, dann wäre es wohl der Waldhof Mannheim. Überzeugenden Siegen gegen den Tabellenersten SV Elveresberg (2:1) und jüngst Verfolgerteam Freiburg II (2:1) stehen krachende Niederlagen bei den Kellerkindern BVB II (0:4) und SV Meppen (2:6) entgegen. Auch gegen den VfL Osnabrück (0:5) und Wehen Wiesbaden (0:3) hagelte es für die Kurpfälzer satte Niederlagen. Mannheim ist so – geteilt mit dem Halleschen FC, so fair muss man sein – das Team mit den meisten Gegentoren, was nicht auf einem Abstiegsplatz steht. Und das als Tabellensiebter mit durchaus noch realistischen Aufstiegsambitionen! 52-mal krachte es in den schwarz-blauen Maschen. Zudem besonders unbequem vor einer Reise in die Festung Hafenstraße: Würde es nur nach der Auswärtstabelle gehen, stünde Mannheim auf einem Abstiegsplatz. Elf Punkte in 15 Spielen – oder umgerechnet ein Zählerschnitt von 0,7 – sowie zehn Niederlagen in der Ferne unterstreichen diese Bilanz. Nur Bayreuth (36) und Zwickau (38) kassierten gleich viele Auswärtsgegentore wie der Waldhof (36).

Jetzt aber mal Schluss mit dem Runterreden! Denn bei allen Negativfakten lassen sich die in Fußballerkreisen so unbeliebten Zahlenspielchen auch umgekehrt drehen: 16-mal gewann Mannheim in dieser Saison – nur vier Teams sammelten mehr oder genauso viele Dreier. Außerdem sind die Waldhöfer unangefochten das stärkste Heimteam der laufenden Drittliga-Saison. Mannheim ist zudem die zweit-torgefährlichste Mannschaft der Schlussviertelstunde: 16 Treffer landete das Team aus dem Carl-Benz-Stadion in dieser Saison.

Und so darf der Blick für die im Ligadurchschnitt vergleichsweise routinierte Mannheimer Mannschaft (Altersdurchschnitt 26,3) durchaus noch nach oben wandern. Bei sieben noch auszuspielenden Partien sind es acht Punkte zu Wiesbaden und dem zum direkten Aufstieg berechtigenden zweiten Tabellenplatz und fünf Zähler zur derzeit Relegations-berechtigendem vierten Position und Dynamo Dresden.

Tradition trifft Tradition! – Rot-Weiss Essen
Marc Schnatterer (r.) ist mit 37 Jahren der älteste Spieler im Kader der Mannheimer.

So dürfte die Partie an der Hafenstraße für Mannheim so etwas wie das Zünglein an der Waage sein. Gewinnt man, ist noch alles drin – zumal die Reise am darauffolgenden Wochenende ins Dresdner Rudolf-Harbig-Stadion zu einem direkten Konkurrenten geht. Unterliegen die Mannheimer jedoch und die üppige Konkurrenz aus beiden gerade genannten Teams sowie Saarbrücken (5.) und Osnabrück (6.) punktet, wird es mit dem vor der Saison einberufenem Aufstiegsziel knapp.

Vater des Mannheimer Erfolgs? Ein in Essen allzu bekanntes Gesicht: Christian Neidhart! Unmittelbar nach dem Engagement an der Hafenstraße wechselte der 54-Jährige zum Waldhof. Für den Braunschweiger, den man in Essen nach zwei erfolgreichen Trainerjahren wahrlich nicht vorstellen muss, ist es in elf Chefcoach-Jahren erst die dritte Station. Doch Positiverlebnisse im Ruhrgebiet? Die werden Samstag ausgeblendet: „Ich betrachte die Partie als ein normales Punktspiel. Essen hat es vor allem in den Heimspielen immer wieder geschafft, die richtige Mentalität und Zweikampfstärke auf den Platz zu bekommen. Um hier bestehen zu wollen, müssen wir von der ersten Minute an voll dagegenhalten.“

Tradition trifft Tradition! – Rot-Weiss Essen
Christian Neidhart: „Ich betrachte die Partie als ein normales Punktspiel.“

Das rechte Spielermaterial dafür steht Neidhart zur Verfügung. Der 26-jährige Martinovic in etwa, Torschütze aus dem Hinspiel, kommt in dieser Saison auf neun Treffer – davon fünf in der Rückrunde. Zu erfahrenen Ex-Zweitligakickern wie Marc Schnatterer (37 Jahre alt / vormals 1. FC Heidenheim), Daniel Keita-Ruel (33 / u.a. SV Sandhausen) oder Bentley Baxter Bahn (30 / Hansa Rostock), kommen Youngster á la Dominik Kother (23), Adrien Lebeau (23) oder Ex-Borusse Berkan Taz (24).  So unterstreicht auch RWE-Routinier Eisfeld die Gefahr der Mannheimer: „Waldhof zählt zu den körperlich stärksten Mannschaften unter den Spitzenteams. Der Saisonverlauf ist ein wenig mit einer Achterbahnfahrt vergleichbar. Umso mehr werden sie gegen uns alles investieren!“

Vorherige Duelle:

Ein Duell mit brutaler Tradition! Der SV Waldhof, damals noch Chio Waldhof, war letzte Station vor dem legendären DFB-Pokal-Finale 1953, in dem Rot-Weiss Essen Alemannia Aachen mit 3:1 besiegte. Nur der durch Franz Islacker per Doppelschlag und August Gottschalk besiegelte Halbfinal-Triumph gegen Mannheim (3:2) ebnete den Weg dorthin.

3:2 endete auch das erste Duell beider Klubs – allerdings in umgekehrter Richtung. 1938 unterlag RWE im Tschammerpokal-Achtelfinal, dem Vorgängerwettbewerb der Nationaltrophäe.

Dazu noch nennenswert: Seit 1990 und somit umgerechnet 33 Jahre ist die Hafenstraße gegen „Buwe“ ungeschlagen. In der Zwischenzeit gingen sechs Essener Siege und drei Remis in die Geschichtsbücher ein.

Der Schiedsrichter:

Die Spielleitung übernimmt am Sonntag Konrad Oldhafer. Der gebürtige Hamburger Referee pfiff Rot-Weiss Essen bereits am 1. Spieltag bei der 1:5-Niederlage gegen die SV Elversberg. Insgesamt kommt Oldhafer in dieser Saison auf neun Spiele in der 3. Liga. Durchschnittlich zückte der 28-Jährige in diesen Partien 3,8 Strafkarten.

Oldhafer stehen die Assistenten Jost Steenken (31, Nordhorn) und Timo Daniel (32, Damme) zur Seite.

Das Wetter:

Es wird regnerisch an der Hafenstraße. Zuschauer erwartet zum Anpfiff eine Temperatur von 10 Grad.

Übertragung:

MAGENTA SPORT überträgt die Partie ab 13.45 Uhr live. Markus Höhner kommentiert, Thomas Wagner führt als Moderator  durch die Fußballsendung.

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