21. November 2023

Werner Lorant: Beinhart als Verteidiger, knallhart als Trainer

Ex-RWE-Bundesligakicker jetzt 75 Jahre alt.

Werner Lorant: Beinhart als Verteidiger, knallhart als Trainer – Rot-Weiss Essen
Bis heute letzter rot-weisser Bundesligatorschütze: Werner Lorant (mi.) bejubelt seinen Treffer gegen Fortuna Düsseldorf. (Fotos: Archiv Schrepper)

Werner Lorant ist als Spieler wie als Trainer eine schillernde Person im deutschen Fußball. Der gebürtige Westfale spielte in seiner aktiven Zeit für alle drei großen Ruhrgebietstraditionsvereine: 1971 bis 1973 im Stadion Rote Erde bei Borussia Dortmund. Von dort zog es den defensiven Mittelfeldspieler und „beinharten“ Verteidiger nach dem dritten Rot-Weiss Essen-Bundesligaaufstieg an die Hafenstraße, wo er bis 1977 blieb. Nach weiteren Stationen in Saarbrücken und Frankfurt schloss sich Werner Lorant zur Bundesligahalbzeit 1982/83 dem strauchelnden blau-weißen Reviernachbarn aus Gelsenkirchen an. Heute lebt er in Oberbayern und auf Mallorca. Am 21. November feierte Lorant seinen 75. Geburtstag.

Werner Lorant begann als Zehnjähriger in seinem westfälischen Heimatort Welver mit dem Fußballspielen. Mit dem dort ansässigen SV stieg er 1968 aus der Bezirksklasse Staffel 9 in die Landesliga Staffel 5 auf. Mit 21 Jahren wechselte der gelernte Maler und Anstreicher 1971 zu Borussia Dortmund in die Bundesliga. Schon ein Jahr später erlebte er mit dem BVB seinen ersten Abstieg aus dem Fußballoberhaus.

Nach dem verpassten Wiederaufstieg zog es ihn an die Hafenstraße. Für Rot-Weiss Essen erzielte er zwischen 1973 bis 1977 in 116 Spielen insgesamt 16 Tore. Er ist damit einer von nur sieben Essener Spielern mit mehr als 100 Bundesligaeinsätzen. Mit RWE schnupperte er 1976 an den UEFA-Cup-Plätzen, die die Hafenstraßen-Elf am letzten Spieltag aufgrund des schlechteren Torverhältnisses nur knapp verpasste. Ein Jahr später stieg Werner Lorant zum zweiten Mal in seiner Karriere mit Rot-Weiss Essen aus dem Fußballoberhaus ab. Sein Tor am 14. Mai 1977 beim 5:3 Sieg gegen Fortuna Düsseldorf ist gleichzeitig das bis heute letzte rot-weisse Bundesligator.

Während seiner Essener Zeit trainierte der spätere Bundesliga-Coach gleichzeitig den Bezirksligisten SC Westtünnen in Hamm. Werner Lorant entdeckte hier Horst Hrubesch und brachte den Rohdiamanten 1975 an die Hafenstraße. Mit 73 Toren in einer Saison hatte dieser die Westfalen in die Bezirksliga geschossen und dort nach dem Aufstieg 38 Treffer erzielt. Für Werner Lorant war klar: „Horst hat eine Chance verdient! Ich glaube, bei seiner Kopfballstärke und seinem harten Schuss kann er sich auch der Bundesliga behaupten.“ Nicht nur dort! Horst Hrubesch wurde in seiner Spielkarriere Deutscher Meister, Europapokalsieger der Landesmeister, Europameister und Vize-Weltmeister.

Werner Lorant: Beinhart als Verteidiger, knallhart als Trainer – Rot-Weiss Essen

Nach dem Abstieg mit Rot-Weiss Essen wechselte Werner Lorant zum 1. FC Saarbrücken, mit dem er 1978 jedoch zum dritten Mal in seiner Laufbahn einen Bundesligaabstieg hinnehmen musste. Danach spielte er für Eintracht Frankfurt.

Lorants Pokalerfolge

In der Main-Metropole begann seine erfolgreichste Zeit als Spieler. Mit Eintracht Frankfurt qualifizierte er sich 1979 und 1980 für den UEFA-Cup und erzielte für den Verein in 134 Bundesligaspielen 21 Tore. Der Gewinn des Pokals unter Trainer Friedel Rausch in den Finalspielen von 1980 gegen Borussia Mönchengladbach wurde zu Lorants Karrierehöhepunkt. In der folgenden Spielzeit gelang unter Trainer Lothar Buchmann ein 3:1-Erfolg im DFB-Pokalfinale gegen den 1. FC Kaiserslautern. Werner Lorant stand jeweils in den Finalteams.

Im Dezember 1982 wechselte der gerade 34 Jahre alt gewordene Werner Lorant zurück ins Ruhrgebiet. Hier debütierte er beim blau-weißen Bundesligawiederaufsteiger FC Schalke 04, der zu diesem Zeitpunkt Tabellenvorletzten der Liga war, im Spiel gegen Bayern München, das mit 1:2 verloren ging.

Mit den Schalkern belegte er am Saisonende den 16. Platz. In den Relegationsspielen gegen den Zweitligadritten Bayer 05 Uerdingen unterlag Schalke auswärts mit 1:3 und stieg nach einem 1:1 im Rückspiel aus der Eliteklasse ab. Für Werner Lorant, der nach seinem Transfer zu den Knappen bis auf die Partie am 22. Spieltag an allen Spielen teilgenommen hatte, dabei aber torlos blieb, war es der vierte Bundesligaabstieg.

Werner Lorant spielte anschließend noch die Saison 1983/84 in der 2. Bundesliga für Hannover 96 und beendete seine Karriere zwischen 1984 und 1986 beim SV Heidingsfeld und 1986/1987 beim 1. FC Schweinfurt 05 jeweils als Spielertrainer.

Auf der Trainerbank bis in den UEFA-CUP

Auch als Trainer setzte Werner Lorant in seiner weiteren Karriere besondere Akzente. Mit dem 1. FC Schweinfurt 05 gelang ihm 1990 der Aufstieg in die 2. Bundesliga. Danach trainierte er Viktoria Aschaffenburg, gewann mit dem Verein 1992 die Meisterschaft in der drittklassigen Oberliga Hessen, scheiterte aber in der Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga. Den TSV 1860 München führte er ab 1992 von der Drittligameisterschaft bis zur Qualifikation für die Champions League. Als erstem Trainer war ihm dabei 1994 der direkte Durchmarsch von der damaligen 3. Liga (Bayernliga) in die Bundesliga gelungen. Mit den Münchener Löwen feierte Lorant auch seine größten Erfolge. Hier schaffte er 1997 die Qualifikation für den UEFA-Cup, gewann in der Saison 1999/2000 die beiden Derbyspiele gegen den FC Bayern und erreichte als Bundesligavierter die Qualifikationsspiele zur Champions League.

Bei weiteren Engagements nach der Jahrtausendwende, die ihn unter anderem in die Türkei und nach Ostasien führten, konnte Werner Lorant mit Ausnahme einer zypriotischen Vizemeisterschaft an seine früheren Erfolge nicht mehr anknüpfen.

„Ich wechsle nur aus, wenn sich einer das Bein bricht“

Sowohl als Spieler als auch als Trainer zeichnete sich Werner Lorant durch eine raue Art aus und musste sich in beiden Funktionen mehrfach der Sportgerichtsbarkeit stellen. Lorant war wegen seiner rustikalen Spielweise bei den Gegnern gefürchtet und bekam den Beinamen „Werner Beinhart“. In seinen insgesamt 325 Bundesligapartien, in denen er 54 Tore und ein Eigentor erzielte, wurde er 67-mal mit der Gelben und zweimal mit der Roten Karte bedacht. In der 2. Bundesliga, in der er in 61 Spielen acht Tore erzielte, wurde ihm weitere acht Mal eine Verwarnung ausgesprochen.

Das war später als Trainer nicht anders. „Ich wechsle nur aus, wenn sich einer ein Bein bricht“, blaffte Lorant einst die Journalisten an. Auch der Titel seiner Biografie „Eine beinharte Story – Wer Angst hat, verliert“ passt in dieses Bild.

Doch nicht nur im sportlichen Bereich gab es Ab- und Aufstiege. Anfang der 2010er Jahre wurde sein Haus nach Immobilienfehlspekulationen zwangsversteigert. Aber auch davon hat sich Werner Lorant wie in seiner gesamten Fußballkarriere nicht unterkriegen lassen, stattdessen nach vorn geblickt und sich als Fußballrentner wieder der Talentsichtung in einer Fußballschule im beschaulichen Waging am See im oberbayerischen Landkreis Traunstein gewidmet. Außerdem half er dem dortigen Bezirksligaverein TSV Waging als Trainer wie zu seinen Anfängen in Hamm noch einmal mit seiner Expertise. Der Abstieg konnte am letzten Spieltag mit einem Last-Minute-Tor vermieden werden.

Rot-Weiss Essen gratuliert Werner Lorenz ganz herzlich zum 75. Geburtstag und wünscht ihm für die kommenden Jahre weiterhin die Power, die ihn bei all seinen Fußballstationen ausgezeichnet haben.

Ein Beitrag von Vereinshistoriker Georg Schrepper.

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