6. Februar 2024

Haken an die Hinrunde!

Duellcheck: Im Nachholspiel gegen 1860 kann RWE dritten Rang erobern.

Auch in München will Rot-Weiss Essen nach 90 Minuten jubeln.
Auch in München will Rot-Weiss Essen nach 90 Minuten jubeln. (Foto: Endberg)

Rot-Weiss Essen wird mit der Nachholpartie gegen den TSV 1860 München am Dienstagabend (19.00 Uhr) einen Haken an die Hinrunde machen. Starke Schneefälle verhinderten im Dezember die Austragung der Partie des 18. Spieltags. Eine Wiederholung droht nicht: In der bayrischen Landeshauptstadt sind laue Temperaturen angesagt. An der Sonnenseite finden sich die „Löwen“ dennoch nicht wieder. Nur zwei Punkte Abstand bringen den einstigen Klassenprimus auf Tuchfühlung mit den Abstiegsrängen. Beide Klubs mit derzeit einem Spiel weniger auf der Haben-Seite werden im Flutlichtspiel an der Grünwalder Straße die Drittliga-Tabelle geraderücken, ihre Ziele sind aber ganz verschieden. Während die Münchener mit Ex-RWE-Trainer Argirios Giannikis unter Zugzwang stehen, kann Essen-Coach Christoph Dabrowski mit einem Sieg den dritten und somit Relegationsrang erobern. Alle wichtigen Fakten im Duellcheck!

Ausgangslage­­­:

Das 3:3 gegen den SC Freiburg war Ron Berlinski nicht genug! „Komm, wir schießen noch eins“, rief der eifrige Angreifer seinem Mitspieler Nils Kaiser nach dessen Tor zum zwischenzeitlichen zu, ehe er den 22-Jährigen am Trikot zurück zur Mittellinie zog. Das Geburtstagskind führte so den „Koch-Torjubel“ nach dem brustlösenden ersten Drittliga-Tor nicht zu Ende.

Keine Zeit zum Feiern: Ron Berlinski (l.) will den Sieg unbedingt.
Keine Zeit zum Feiern: Ron Berlinski (l.) will den Sieg unbedingt. (Foto: Endberg)

Der Erfolg gab Berlinski recht: Es fehlte eine Zutat – und die war Samstagmittag Moussa Doumbouya. Der Angreifer verwandelte die Hafenstraße mit ihren mehr als 14.500 Zuschauern per Foulelfmeter in der 90. Minute in eine Partymeile. „Einen schöneren Geburtstag gibt es nicht. Wir haben die Energie von den Tribünen mitgenommen, den Ausgleich erzielt und am Ende verdient mit den Fans gefeiert“, beschreibt Kaiser die verrückten letzten Spielminuten nach dem 4:3-Last-Minute-Sieg gegen Freiburg.

Der erneute und schon neunte Sieg im 13. Spiel vor heimischer Kulisse: ein Verdienst des goldenen Händchens von Chef-Trainer Christoph Dabrowski. Die beiden Matchwinner Kaiser und Doumbouya brachte der Fußball-Lehrer im zweiten Durchgang beim Stand von 2:3 in die Partie. Dass Dabrowskis Einwechslungen in dieser Saison zum Erfolg beitragen? Gelernte Praxis! Zehn Tore gelangen den rot-weissen Jokern bereits. Diese Marke erreichen lediglich Preußen Münster und Dynamo Dresden.

Der Ball zappelt im Netz und wie so oft in dieser Saison, war der Torschütze mit Moussa Doumbouya ein Joker.
Der Ball zappelt im Netz und wie so oft in dieser Saison war der Torschütze mit Moussa Doumbouya ein Joker. (Foto: Enbderg)

„Es waren wieder die Jungs von der Bank, die für neue Impulse gesorgt haben“, freute sich Dabrowski auf der Pressekonferenz nach der Freiburg-Partie. Zu wissen, dass die Ersatzspieler regelmäßig für Gefahr sorgen, gibt Sicherheit. Gerade dann, wenn intensive Tage auf RWE warten: Mit der Auswärtspartie bei 1860 München und Jahn Regensburg stehen zwei weite Fahrten und 2.400 Kilometer (!) An- und Abreisestrapazen binnen vier Tagen auf dem Programm. Viel Zeit, zu trainieren bleibt nicht: je eine Einheit Montag, Mittwoch und Freitag.

Die restliche Zeit nehmen An- und Abreise sowie Regeneration in Anspruch. „Wir werden die Tage auf die Zähne beißen und alle Bedingungen akzeptieren müssen, um Punkte mitzunehmen“, so Dabrowski vor dem 1860-Spiel.

Zugute beim „Punkte mitnehmen“ kann Rot-Weiss Essen gegen die „Löwen“ die Spielzeit kommen. Unter Flutlicht fühlen die RWE-Kicker sich in dieser Spielzeit offensichtlich am wohlsten. In neun von zwölf Partien blieben die Hafenstraßen-Kicker unbesiegt.

Der letzte Flutlichtsieg gelang RWE gegen Viktoria Köln.
Der letzte Flutlichtsieg gelang RWE gegen Viktoria Köln. (Foto: Höft)

Weg von Statistiken, hin zu den sportlichen Geschichten: Gegen ein neues Kapitel der Erfolgsstory „Marvin Obuz und Leonardo Vonic“ hätte auch am Dienstagabend im Grünwalder Stadion keiner der 1.200 mitreisenden RWE-Fans etwas. Die Offensivtalente harmonieren in den letzten Wochen hervorragend. Zusammen legten Vonic und Obuz 13 Tore auf, kein anderes Duo kommt auf mehr Vorbereitungen. Zudem erzielte Vonic in mindestens jedem seiner letzten fünf Spiele einen Scorerpunkt. Auch Obuz braucht sich hier nicht zu verstecken: Dem Flügelstürmer gelangen in den letzten zwei Spielen ein Tor und zwei Vorlagen.

Nur von der Tribüne aus jubeln können Dienstagabend Ekin Celebi (Schulterverletzung), Sandro Plechaty (Innenbandriss), Vinko Sapina und Sascha Voelcke (beide Knieprobleme).

Der Gegner:

Es ist der 07. April 2018 im Stadion an der Hafenstraße. Cedric Harenbrock schiebt nach 61 Zeigerumdrehungen und zwanzig Meter vor dem Tor einen bitterbösen Fehlpass von Rödinghausen-Torwart Niclas Heimann zu Kai Pröger, der sein Füßchen nur noch ins Leder halten braucht. Der 1:1-Ausgleich in einem weitestgehend trostlosen Spiel ohne größere Bedeutung – doch: der letzte RWE-Treffer, den Argirios Giannikis vom Trainerstuhl verfolgte.

Das wird sich, so hoffen sie zumindest an der Hafenstraße, für den Griechen Dienstagabend ändern. Giannikis ist exakt 2.131 Tage und unter anderem eine AEK Athen-Amtszeit später neuer Chef-Coach beim TSV 1860 München.

Der 43-Jährige, der sich auf das Duell mit einem „speziellen Gegner“ freut, bei dem er zwischen Oktober 2017 und April 2018 „eine schöne und erfolgreiche Zeit“ hatte, soll mit den Funktionärs-Neuzugängen Sportgeschäftsführer Dr. Christian Werner (42) und seinem kaufmännischen Pendant Oliver Müller (45) den „Löwen“ neue Beißzähne verschaffen.

Die waren in der Hinrunde auffällig stumpf: Pokalaus bei Fünftligist Pipinsried (0:1), als Tabellenvierzehnter Tuchfühlung mit und zwei Punkte Abstand zu den Abstiegsrängen, nur 24 Treffer und damit drittschlechtester Offensiv-Drittligawert. Zum Vergleich: In der Saison 2022/23 brauchte der einstige Aufstiegskandidat 1860 nur elf statt 24 Spieltage für so viele Erfolgserlebnisse. Besonders an der ausnahmslos ausverkauften heimischen Grünwalder Straße stockte die Tormaschine zu oft: In der Hinrunde jubelten die Blau-Weißen nur siebenmal „dahoam“.

Erzielte drei der sieben Heim-Tore in der Hinrunde: Stürmer Fynn Lakenmacher.
Erzielte drei der sieben Heim-Tore in der Hinrunde: Stürmer Fynn Lakenmacher. (Foto: Endberg)

Das ändern und somit helfen, den Sommer-Abgang von Top-Torjäger Marcel Bär (Erzgebirge Aue) zu verknusen und die Wartezeit auf die Rückkehr von Stamm-Stürmer Joel Zwarts zu überbrücken, sollen gleich drei Winter-Neuzugänge aus dem hohen Angriffs-Regal. Serhat-Semih Güler (26) versuchte sein Glück nach der West-Regionalliga-Torjägerkrone 2022/23 – 23 Treffer für den WSV – bei Zweitligist Hansa Rostock. Für 60 glücklicherweise ohne Erfolg: Jetzt jagt Güler in Bayerns Landeshauptstadt nach Toren. Außenbahnspieler Eliot Muteba (20), im letzten Jahr noch Leonardo-Vonic-Teamkollege in Nürnberg, plagte Bayern-Regionalligisten vor seinem Wechsel nach München mit 12 Hinrunden-Erfolgserlebnissen. Der dritte im Bunde, Youngster Abdenego Nankishi (21), schenkte in der Hinrunde für Heracles Almelo holländischen Erstliga-Torhütern ein.

Und immerhin: Der frische Wind verhalf München zu einem besseren Jahresstart. Vier Spiele in Folge ist 1860 in 2024 ungeschlagen. Im Duell gegen die „Zebras“ aus Duisburg bissen die „Löwen“ eiskalt zu und triumphierten 4:1, dann folgten Unentschieden gegen Lübeck, Sandhausen (beide 1:1) und jüngst Aue (0:0).

Gegen Essen nachzulegen ist für die „Sechzger“ wichtig. „Um unten rauszukommen, müssen wir punkten“, weiß Fußball-Lehrer Giannikis, der neben Zwarts auch auf Innenverteidiger Philipp Steinhart (Rote Karte) verzichten muss. Mit einem Sieg würden die „Löwen“ zwar auf dem vierzehnten Tabellenplatz bleiben, die gefährliche rote Linie aber auf fünf Punkte Abstand bringen. Giannikis weiß um die Schwere dieser Aufgabe: „Bei Essen sind die Abläufe besser eingespielt. Ich denke, es wird ein sehr intensives Spiel.“

Die letzten direkten Duelle:

  • 14. Mai 2023: RWE – 1860 (2:2 | Tore RWE: Harenbrock, Engelmann)
  • 14. November 2022: 1860 – RWE (1:1 | Tor: Bastians)
  • 01. April 2007: RWE – 1860 (0:2)
  • 03. November 2006: 1860 – RWE (2:0)
  • 01. Mai 2005: 1860 – RWE (0:0)
  • 24. November 2004: RWE – 1860 (0:0)
  • 19. April 1994: RWE – 1860 (1:4 | Tor: Dondera)
Cedric Harenbrock trug sich im letzten Aufeinandertreffen in die Torschützenliste ein.
Cedric Harenbrock trug sich im letzten Aufeinandertreffen in die Torschützenliste ein. (Foto: Heidelberg)

Der Schiedsrichter:

Die Nachholpartie pfeift Nico Fuchs aus Odenthal. Der 28-Jährige hatte zuletzt im März 2021 das Vergnügen mit Rot-Weiss Essen, als er das Regionalliga-West-Spitzenduell zwischen RWE und der BVB U23 (1:1) leitete.

Fuchs‘ Assistenten sind Luca Marx (Brühl) und Cengiz Kabalakli (26). Kenny Abieba (25, Nürnberg) vermittelt als vierter Offizieller.

Das Wetter:

Bei acht Grad erwartet die RWE-Fans eher mildes Wetter.

Übertragung:

MAGENTA SPORT überträgt ab 18.30 Uhr live. Alexander Klich kommentiert, Alexander Küpper moderiert, Ex-FSV-Zwickau-Sportdirektor Toni Wachsmuth ist Experte.

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