3. Februar 2023

Carsten Wolters: Gerne in der zweiten Reihe!

Rot-Weiss Essens Co-Trainer war fast 20 Jahre lang für „Zebras“ als Spieler und Trainer aktiv.

Carsten Wolters im Interview vor der Partie gegen den MSV Duisburg.
„Alter Hase“ an der Hafenstraße: „Erle“ Wolters ist in seiner siebten Saison bei Rot-Weiss Essen. (Fotos: Endberg)

Bereits seit 2016 steht Carsten Wolters als Co-Trainer bei Rot-Weiss Essen an der Seitenlinie. Der 53-Jährige, dessen Fußballerkarriere im Gelsenkirchener Stadtteil Erle begann, wurde mit Borussia Dortmund Deutscher Meister, stand mit dem kommenden Gegner MSV Duisburg im DFB-Pokalfinale und startete bei den „Zebras“ auch seine Trainerlaufbahn. Vor dem Derby am Sonntag, 14.00 Uhr, nahm sich „Erle“ die Zeit für ein ausführliches Interview.

Ausverkaufte Hafenstraße, Derby gegen den MSV Duisburg: Bekommst Du da Lust, auch selbst noch einmal gegen den Ball zu treten?
Carsten Wolters: Bei einigen Spielformen mache ich im Training immer noch mit. Es gibt doch kaum etwas Schöneres als ein Derby vor ausverkauftem Haus. Da wäre ich gerne dabei. Aber diese Zeiten sind für mich endgültig vorbei. (lacht)

Im MSV-Trikot hast Du vier Derbys gegen RWE bestritten. Welche Erinnerungen hast Du an die Duelle?
Carsten Wolters: An das letzte Duell mit RWE kann ich mich noch sehr gut erinnern. 2007 hatte ich damals mit fast 38 Jahren mein letzten Profispiel für den MSV bestritten. Ich bin beim 3:0-Sieg eingewechselt worden und wurde anschließend von den MSV-Fans gefeiert. Es war für mich sehr emotional, zumal es für beide Klubs ein echtes Endspiel war. Der MSV Duisburg schaffte die Rückkehr in die Bundesliga und Rot-Weiss Essen musste den bitteren Gang in die Regionalliga antreten.

Während Deiner aktiven Laufbahn hast du 179 Bundesliga-Spiele und 195 Partien in der zweithöchsten Spielklasse absolviert. Welche Momente stechen für Dich besonders heraus?
Carsten Wolters: 1993 hatte ich mit dem 1:0-Erfolg gegen den 1. FC Kaiserslautern mein erstes Profispiel für SG Wattenscheid 09 absolviert. Dann fällt mir spontan natürlich die Deutsche Meisterschaft 1996 mit Borussia Dortmund ein, bei der ich auch einige Spiele mitgemacht hatte. Die Teilnahme mit dem MSV Duisburg im damaligen UI-Cup und das DFB-Pokalfinale 1998 in Berlin, das wir mit dem MSV leider kurz vor Schluss 1:2 gegen FC Bayern München verloren hatte, waren weitere Höhepunkte in meiner Laufbahn.

Kannst Du Dich auch noch an Dein erstes Tor erinnern?
Carsten Wolters: Kurioserweise war das gegen den Vater unseres Torhüters Jakob Golz. 1993 hatten wir mit Wattenscheid 09 im alten Volksparkstadion 1:1 beim Hamburger SV gespielt. Richard „Richie“ Golz hatte ich damals einen „eingeschüttet“. (lacht)

Carsten Wolters: Gerne in der zweiten Reihe! – Rot-Weiss Essen
Carsten Wolters erzielte sein erstes Profi-Tor gegen Richard Golz, Vater der aktuellen Essener „Nummer 1“ Jakob Golz.

Im September 1996 bist Du von Borussia Dortmund zum MSV Duisburg gewechselt. Hättest Du damals gedacht, dass Du fast 20 Jahre bei den „Zebras“ bleiben würdest?
Carsten Wolters: Bei den „Zebras“ war ich elf Jahre Profi und anschließend neun Jahre in der Nachwuchsabteilung für die U17 und U19 tätig. Es war eine lange Zeit, die man nicht so einfach abschütteln kann. Aber mittlerweile bin ich bei Rot-Weiss Essen auch schon sieben Jahre beschäftigt. Der Fußball wird in beiden Vereinen von den Fans gelebt. Alles ist sehr emotional, was mir besonders gut gefällt.

Wann hast Du gemerkt, dass Du nach Deiner Spielerkarriere auf die Trainerbank wechseln willst?
Carsten Wolters: Ich wollte nach meiner Profikarriere dem Fußball treu bleiben, hatte diesen Plan immer im Hinterkopf. Beim MSV war ich dann für eine Saison spielender Co-Trainer bei der damaligen U23. Dadurch konnte ich ein wenig in das Trainergeschäft hineinschnuppern. Danach wurde mir die Stelle als U17-Cheftrainer angeboten. Später hatte ich die U19 der „Zebras“ übernommen.

In der Partie bei Spitzenreiter SV 07 Elversberg gab es für Dich gerade das Wiedersehen mit Deinem ehemaligen Mitspieler Horst Steffen, den Du auch schon als Co-Trainer beim MSV unterstützt hast. Wie war das für Dich?
Carsten Wolters: Horst Steffen ist ein ehrlicher, gradliniger Typ. Ich gönne ihm dem Erfolg, obwohl wir auch etwas Zählbares aus Elversberg hätten mitnehmen können. Die Chancen waren durchaus vorhanden. Nach der Partie hatte ich ihm im Spielertunnel zum Sieg gratuliert.

Wie fällt das Fazit nach dem Auftritt zum Rückrundenstart beim Ligaprimus aus?
Carsten Wolters: In der ersten Halbzeit hatten viele Ballbesitzphasen, das Spiel kontrolliert und auch zwei sehr gute Möglichkeiten, die wir leider nicht genutzt hatten. Am Ende geht die Partie 3:0 für Elversberg aus, was für die Qualität des Tabellenführers spricht. In der zweiten Halbzeit erhöhte die SVE den Druck. Wir waren vielleicht zu passiv, hatten im letzten Drittel nicht mehr den Zugriff und deshalb zu viele Chancen zugelassen.

Nach einigen Jahren als Trainer im Nachwuchsbereich bist Du jetzt schon seit Sommer 2016 Assistent der RWE-Profis. Was schätzt Du an der Rolle?
Carsten Wolters: Von meinem Naturell bin ich nicht derjenige, der in vorderster Front auftauchen muss. Ich fühle mich in meiner Rolle als Zuarbeiter und in der „zweiten Reihe“ sehr wohl.

Carsten Wolters: Gerne in der zweiten Reihe! – Rot-Weiss Essen
Im Trainerteam ist Wolters (l.), hier mit Co-Kollege Lars Fleischer, der Standard- und somit Freistoß- sowie Ecken-Experte.

Was sind aus Deiner Sicht Deine wichtigsten Aufgaben?
Carsten Wolters: Ich sehe mich als Bindeglied zwischen Chef-Trainer und Spielern, kann mich immer noch gut in die Köpfe der Jungs und deren Gedankengänge hineinversetzen.

Du hast an der Hafenstraße schon einige Cheftrainer erlebt: Sven Demandt, Argirios Giannikis, Karsten Neitzel, Christian Neidhart und aktuell Christoph Dabrowski. Wie kommst Du mit Deinem jetzigen „Vorgesetzten“ zurecht?
Carsten Wolters: Wir haben einen guten Draht zueinander. Die Zusammenarbeit ist aus meiner Sicht sehr gut. Auch der Austausch mit den anderen Cheftrainern hatte in der Vergangenheit gepasst. Loyalität, Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit ist immer die Basis für eine gute Zusammenarbeit.

Was bedeutet es Dir grundsätzlich, über so viele Jahre ein fester Bestandteil von RWE zu sein?
Carsten Wolters: Darauf bin ich stolz, weil es im schnelllebigen Fußballgeschäft alles andere als selbstverständlich ist. Ich stehe grundsätzlich für Kontinuität, sehe mich nicht als Wandervogel.

Nach dem holprigen Saisonstart hat sich das Team deutlich stabilisiert: Wie schätzt Du die Lage vor dem 21. Spieltag ein?
Carsten Wolters: Der Verein hatte nach dem Saisonstart die Ruhe bewahrt und personell etwas nachjustiert. Die Mannschaft hat sich weiterentwickelt und steht jetzt defensiv wesentlich stabiler. Wir sind in der 3. Liga angekommen, müssen uns bei der Chancenverwertung allerdings noch deutlich steigern, treffen im letzten Drittel oft die falschen Entscheidungen. Punktemäßig stehen wir ganz gut da, müssen aber auf der Hut und jede Woche hellwach sein. Die Liga ist sehr ausgeglichen. Wenn man drei Spiele gewinnt, ist man plötzlich Siebter. Verliert man dreimal in Folge, ist man mittendrin im Abstiegskampf.

Welche Erwartungen hast du an das Derby gegen den MSV?
Carsten Wolters: Die Stimmung im Stadion wird top sein. Auch wenn der MSV zuletzt zweimal in Folge verloren hat, kann das Team jede Mannschaft in dieser Liga besiegen. Ich erwarte ein ausgeglichenes Spiel, bei dem Kleinigkeiten über Sieg oder Niederlage entscheiden werden. Wir wollen unsere Heimbilanz mit einem Sieg aufpolieren, das Derby ziehen. Das wäre auch für unsere Fans ein gutes Zeichen.

Carsten Wolters: Gerne in der zweiten Reihe! – Rot-Weiss Essen
Carsten Wolters: “ Ich erwarte ein ausgeglichenes Spiel, bei dem Kleinigkeiten über Sieg oder Niederlage entscheiden werden“. Das Hinspiel endete 2:2-Remis.

Für manche Fans ist es das vielleicht wichtigste Saisonspiel überhaupt. Für Dich auch?
Carsten Wolters: Duelle zwischen RWE und MSV sind immer ganz besonders. Schon das Hinspiel war für mich an alter Wirkungsstätte sehr emotional. Wir hatten einen 0:2-Rückstand aufgeholt und mit dem Schlusspfiff fast noch gewonnen. Ich freue mich auf die Partie, habe aber eher die gesamte Saison im Blick.

Du hast es angedeutet: Das Hinspiel in Duisburg endete 2:2. Wie geht es diesmal aus?
Carsten Wolters: Wir werden die Partie 1:0 gewinnen!

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